Seit ein paar Wochen bekomme ich in meinem WhatsApp Status ein tägliches Update von Andrea. Sie war meine Schulkollegin vor ca. 35 Jahren, als wir gemeinsam unsere Ausbildung zur PTA machten. Jetzt lebt sie in Dänemark und vertreibt einen „Frequenz-Heiler“. Offensichtlich bin ich seit meinen Weihnachtsgrüßen mit ihrem „Geschäftshandy“ verbunden und bekomme so jeden Tag aufmunternde, spirituelle Bilder mit schönen Sprüchen und Aussagen und natürlich allerlei über den „Healy“ zu lesen. Fast jeden Dienstagmorgen gibt es ein „TU ES DAY“ Bild. Irgendwie finde ich die ganze Sache sehr abgefahren und so mancher Kommentar zum Gesundheitswesen und der Pharmaindustrie kommt platt, überspitzt und reißerisch rüber. Aber mit dem „TU ES DAY“, da hat Andrea mich voll erwischt!
In diesen aufregenden Zeiten hat für mich das „TU ES“ viel mit Haltung zeigen, Farbe bekennen und Hoffnung leben zu tun. Und ich kann gleich einräumen, dass gelingt mir nicht immer und überall. Ich habe beobachtet, dass es mir am besten und wirkungsvollsten gelingt, wenn ich von etwas überzeugt bin.
Eine Freundin will auf die große Demo in Bremen, um gegen Rechts zu demonstrieren. Ich war noch nie im Leben auf eine Demonstration, diesmal sollte das erste mal sein. Das war so ein „TU ES“-Moment. Es war gut dabei gewesen zu sein, und so viele Menschen friedlich beisammen zu sehen, die alle für die Würde eines jeden Menschen eintreten. Das stimmt mich hoffnungsvoll und gibt Mut für „TU ES“-Momente, wo ich mich für meine Mitmenschen einsetzen kann. Immer mit der festen Überzeugung, dass Gott ein Gott aller Menschen auf der Erde sein will.
„Alle Menschen sind ihm willkommen, ganz gleich, aus welchem Volk sie stammen, wenn sie nur Ehrfurcht vor ihm haben und so leben, wie es ihm gefällt.“ (Apostelgeschichte 10,35)
So bin ich gerüstet für die nächste Begegnung mit dem unangenehmsten Kunden, den ich bei meiner Arbeit im Reformhaus bedienen muss. Ein älterer Herr, der mir ungefragt irgendwelche fragwürdig zusammengestellten Flyer mit deutlichen Parolen rüberschiebt und mich immer wieder über seine „völkisch-nationale“ Einstellung informiert. Von seinen Flyern weiß ich, dass er Pastor i.R. ist und wenn ich mir genug angehört habe, frage ich ihn nach seiner Hoffnung und warum er sich so abgrenzt und so deutsch sein will. Damit endet meist das Gespräch, denn eine Hoffnung hat er ja, nach eigener Aussage, auch. Mein Vorbild ist Jesus Christus, der vorbehaltlos allen hilft, die an ihn glauben. Immer wenn besagter Kunde den Laden betritt, bin ich gespannt, welche Volksgruppe heute dran ist und gleichzeitig denke ich, dass ich von meiner Hoffnung vielleicht etwas abgeben kann. „TU ES“ – rede davon. Von der Hoffnung auf eine Welt ohne Hass, Krieg, Gewalt, Unterdrückung und Umweltzerstörung.
„Allein Christus, den Herrn, sollt ihr ehren. Seid immer bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn euch andere nach der Hoffnung fragen, die euch erfüllt.“ (1.Petrus 3,15)
Ein anderer Lebensmoment, der mich beschäftigt, hat auch mit einer Begegnung im Laden zu tun. Eine ehemalige Chorkollegin stand plötzlich vor mir. Ein paar Jahre sind ins Land gegangen und ich weiß von anderen Chorkolleginnen, dass sie wahrscheinlich wohnungslos und psychisch belastet ist. Die Situation im Laden ergab kein tieferes Gespräch, es waren noch andere Kunden da. So zog sie wieder von dannen mit ihrem Einkaufstrolley, voll bis oben hin, mit ihren Habseligkeiten. Beim Nachdenken über diese Begegnung, fragte ich mich, was würde ich tun, wenn sie wieder vor mir steht. Inzwischen weiß ich, dass sie eine Mitsängerin anrief, um zu fragen, ob sie ein Zimmer für sie hat. Was würde Jesus tun? Damit es zu einem „TU ES“-Moment kommen kann, habe ich mir vorgestellt, was ihr helfen könnte. Klar, erstmal fragen, wie es ihr geht und dass ich ihr vielleicht helfen kann, wenn sie möchte. Im Austausch mit meinem Mann, kamen wir dann zum Schluss, dass ich ihr anbieten kann, eine Unterkunft für Wohnungslose über eine öffentliche Anlaufstelle, das Rathaus, zu suchen. Für den Moment, um zur Ruhe zu kommen. Jetzt fühle ich mich für die nächste Begegnung gestärkt! „TU ES“ – komm ins Handeln, wenn nötig.
„Lernt wieder, Gutes zu tun! Sorgt für Recht und Gerechtigkeit, tretet den Gewalttätern entgegen und verhelft den Waisen und Witwen zu ihrem Recht!“ (Jesaja 1,17)
Von meinem plötzlich verstorbenen Physiotherapeuten habe ich euch im November 2023 ( https://www.leben-einfach-biblisch.de/post/deine-liebe-bleibt )
berichtet. Er war mit einem ehemaligen Kollegen von mir verheiratet, der nun ganz schnell zum Witwer wurde. Ab und zu sehe ich ihn, wenn ich, dort wo er arbeitet, einkaufen gehe. Dann reden wir kurz und fragen uns, wie es so geht. Die letzten Male war er nicht da und ich fragte nach ihm. Die Antwort ließ mich aufhorchen. Er hätte sich eine Auszeit genommen, denn nur mit Arbeiten kann er seine Trauer nicht bearbeiten. Ich überlegte, was ich tun kann und was ich ihm anbieten kann. Dann schrieb ich ihm eine knappe SMS, um zu signalisieren, ich wäre offen für ein Gespräch, oder ein Treffen. Es kam keine Antwort, stattdessen traf ich ihn unerwartet in der Fußgängerzone. Wir hatten beide Zeit und ich konnte ihm zuhören und ihm zeigen, dass er nicht alleine ist. „TU ES“ – biete deine Hilfe an.
Und trotzdem brauche ich manchmal einen Schubs, um ins Handeln zu kommen. Mein Anspruch an Perfektion steht mir dabei oftmals im Weg und lässt mich starr und handlungsunfähig verharren. Wie im Falle unserer Urlaubsplanung. Wer mich kennt, weiß, dass ich gerne umweltfreundlich unterwegs bin. Was sich bei unserem Reiseziel für den diesjährigen großen Urlaub recht schwierig gestaltete. Tagelang suchte ich nach Möglichkeiten per Zug und Fähre zum Ziel – eine Mittelmeerinsel – zu kommen. Ich studierte Fahrpläne, Reservierungsmöglichkeiten, usw. Nur um immer wieder festzustellen, ich komme nicht weiter. Keine belastbaren Informationen verfügbar, und schon gar keine sichere Verbindung! Dabei hatte mein Mann und Reisepartner schon ziemlich am Anfang unserer Überlegungen eine super Verbindung per Flugzeug entdeckt. Aber nein, es wäre doch so schön, langsam ans Ziel zu gelangen, mit der Fähre die Insel zu erreichen, und das ganze noch umweltfreundlich mit dem Zug. Irgendwann stand die Frage im Raum: wollen wir das überhaupt wagen? Verreisen oder nicht? Ja…unbedingt, wir fliegen. Schnell und unkompliziert waren die Tickets gebucht. „TU ES“ - springe über deinen Schatten.
Beim Suchen nach passenden Bibelstellen, bin ich beim Kolosserbrief hängen geblieben und möchte diese Verse hier mit euch teilen:
„Jetzt habt ihr neue Kleider an, denn ihr seid neue Menschen geworden. Gott ist beständig in euch am Werk, damit ihr immer mehr seinem Ebenbild entsprecht, nach dem er euch geschaffen hat. So habt ihr Gemeinschaft mit Gott und versteht immer besser, was ihm gefällt. Dann ist unwichtig, ob einer Grieche oder Jude ist, beschnitten oder unbeschnitten, ob er aus einem anderen Kulturkreis oder aus einem Nomadenvolk stammt, ob er ein Sklave oder Herr ist. Wichtig ist einzig und allein Christus, der in allen lebt. Ihr seid von Gott auserwählt und seine geliebten Kinder, die zu ihm gehören. Darum soll jetzt herzliches Mitgefühl euer Leben bestimmen, ebenso wie Güte, Bescheidenheit, Nachsicht und Geduld. Ertragt einander und vergebt euch gegenseitig, wenn jemand euch Unrecht getan hat. Denn auch Christus hat euch vergeben. Wichtiger als alles andere ist die Liebe. Wenn ihr sie habt, wird euch nichts fehlen. Sie ist das Band, das euch verbindet. Und der Friede, den Christus schenkt, soll euer ganzes Leben bestimmen. Gott hat euch dazu berufen, in Frieden miteinander zu leben; ihr gehört ja alle zu dem einen Leib von Christus. Dankt Gott dafür!“ (Kolosser 3, 10-15)
In diesem Sinne – Was tust du morgen am „TU ES DAY“?
Eure Ulrike
Die Bibelzitate sind der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.
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