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AutorenbildLea

Auf Hilfe angewiesen

Wie ich in meinem letzten Beitrag schon kurz angesprochen hatte, bin ich vor Kurzem umgezogen. Seit drei Wochen lebe ich jetzt schon in meiner neuen Wohnung. Mittlerweile sind die meisten Umzugskartons ausgepackt, auch wenn es noch eine lange Liste mit Dingen gibt, die ich noch besorgen muss. Bis ich wirklich „fertig“ mit der neuen Wohnung bin, wird es also noch eine Weile dauern.


Da mein letzter Umzug fast sechs Jahre her war, hatte ich in der Zwischenzeit ehrlich gesagt vergessen, wie viel Arbeit so ein Umzug ist und wie viel Unterstützung man braucht, um einen Umzug zu stemmen. Dass ich mittlerweile mehr Dinge besitze als das, womit ich vor sechs Jahren bei meinen Eltern ausgezogen bin, hat das Ganze leider nicht einfacher gemacht.


Vom Packen der Umzugskartons über das Streichen der Wohnung, das Saubermachen in der alten und neuen Wohnung bis hin zum Transport von Möbeln und Co. von einer Stadt in eine andere (und einem Geschoss in das andere) – Umziehen ist eine Mammutaufgabe und ich kenne bisher niemanden, der all das im Alleingang geschafft hat.



Bei mir war das nicht anders. Auch ich war darauf angewiesen, Hilfe zu haben, um meinen Umzug in die Tat umzusetzen. Nur muss ich an dieser Stelle zugeben, dass das etwas ist, womit ich mich nicht immer wohlfühle.


Natürlich bin ich allen, die mir bei meinem Umzug geholfen haben, sehr dankbar für ihre Unterstützung. Alleine hätte ich es nicht schaffen können. Doch genau dieses Wissen bereitet mir manchmal Bauchschmerzen. Neben der Dankbarkeit schleicht sich oft auch ein schlechtes Gewissen ein, die anderen vielleicht zum Teil zu sehr in Anspruch genommen zu haben und irgendwo schwingt auch Scham mit, etwas eben nicht alleine schaffen zu können und auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.


Die gleiche innere Zerrissenheit begleitet mich nicht nur in meiner Beziehung zu anderen Menschen, sondern auch immer wieder in meiner Beziehung zu Gott.


Von Gott abhängig zu sein und auf seine Gnade angewiesen zu sein ist ein ganz wesentlicher Teil unserer Beziehung mit ihm. Und von wem könnte man besser abhängig sein als von dem liebenden Vater, der sogar bereit war seinen Sohn zu opfern, um uns ein ewiges Leben – eine ewige Beziehung – mit ihm zu ermöglichen?


Auch ich bin mir bewusst, wie sehr ich Gottes Unterstützung in meinem Leben brauche und dankbar dafür, dass ich sie immer wieder erhalte. Trotzdem erwische ich mich manchmal dabei, wie diese Einsicht einen bitteren Beigeschmack für mich hat.


Daniel hat in seinem Beitrag Blumen von Jesus bereits über dieses Thema geschrieben und schildert in seinem Beitrag, wie gut sich Abhängigkeit von Jesus und Gott anfühlen kann und welchen Frieden er in dieser Beziehung gefunden hat, auch wenn sie mehr oder weniger gegen den Trend geht.


Bei mir persönlich sehen die Dinge manchmal etwas anders aus. Vermutlich ist es in diesem Fall schlichtweg ein Zeichen dafür, dass mir Daniel in diesem Punkt einen Schritt voraus ist. 😉 Aber trotzdem hoffe ich, es kann für den ein oder anderen wertvoll sein, auch die Sicht von jemandem zu hören, für den dieses Thema hin und wieder eine Hürde darstellt.



Mein Problem mit der Unabhängigkeit


Die Gesellschaft in der wir leben, lehrt uns, dass Unabhängigkeit und Individualismus von hohem Wert sind. Auch für mich war es immer ein Ziel, unabhängig zu sein und die verschiedensten Dinge selber meistern zu können ohne auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein.


Ich glaube, an sich ist das auch nicht zwingend falsch, aber es hält einige Gefahren bereit.


Zum einen kann es uns dazu verführen, uns selbst unsere Erfolge zuzuschreiben, selbst wenn wir sie gar nicht aus eigener Kraft heraus erlangt haben. Wenn wir zu stolz darauf sind unabhängig und selbstständig zu sein, kann uns das schnell die Sicht darauf versperren, wie viel eigentlich durch Gottes Wirken in unserem Leben geschieht und nicht durch uns selbst. Vor genau diesem Verhalten wurde auch schon Israel gewarnt:

„Nimm dich in Acht, dass du den HERRN, deinen Gott, nicht vergisst, indem du seine Gebote und seine Rechtsbestimmungen und seine Ordnungen, die ich dir heute gebe, nicht hältst! – dass nicht, wenn du isst und satt wirst und schöne Häuser baust und bewohnst und deine Rinder und deine Schafe sich vermehren und dein Silber und Gold sich mehren und alles, was du hast, sich mehrt, dass dann nicht dein Herz sich erhebt und du den HERRN, deinen Gott, vergisst, der dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausführte; der dich wandern ließ in der großen und schrecklichen Wüste, wo feurige Schlangen und Skorpione sind, in dem dürren Land, wo kein Wasser ist; der dir Wasser aus dem Kieselfelsen hervorbrachte; der dich in der Wüste mit Man speiste, das deine Väter nicht kannten, um dich zu demütigen und um dich auf die Probe zu stellen, damit er dir am Ende wohltut und du dann nicht in deinem Herzen sagst: Meine Kraft und die Stärke meiner Hand hat mir dieses Vermögen verschafft! Sondern du sollst an den HERRN, deinen Gott, denken, dass er es ist, der dir Kraft gibt, Vermögen zu schaffen; – damit er seinen Bund aufrechterhält, den er deinen Vätern geschworen hat, so wie es heute ist.“ (5. Mose 8,11-18)

Zum anderen kann es auch dazu führen, dass wir uns dafür schämen, wenn wir eben nicht dieses Ideal der Unabhängigkeit erreichen können. Gerade in einem christlichen Kontext kann das zu einer richtigen Zwickmühle werden und genau hier liegt auch das Problem, dem ich mich selbst oft gegenüber sehe.


Eine wichtige Grundlage unseres christlichen Glaubens ist es, einzusehen, dass wir nicht aus eigener Kraft errettet werden können. Dass wir Fehler machen und nicht in der Lage sind tatsächlich so zu leben, wie Gott es eigentlich von uns möchte, weswegen wir angewiesen sind auf die Gnade Gottes.


Das ist etwas, was auch ich verstanden habe und in meiner Taufe bezeugt habe. Doch da, wo eigentlich unendliche Dankbarkeit und Freude sein sollten, weil Gott mir meine Fehler vergibt und dazu bereit ist, mir unter die Arme zu greifen, wo ich aus eigener Kraft nicht weiterkomme, da schleicht sich auch immer wieder Scham ein. Scham dafür, diese Hilfe zu brauchen und nicht mehr aus eigener Kraft zu schaffen.


Mein Problem mit der Abhängigkeit kommt also nicht zwingend aus falschem Stolz heraus, der mich dazu verleitet, unbedingt alles ohne Gott schaffen zu wollen. Es kommt eher aus der Zögerlichkeit heraus, anzunehmen, dass es tatsächlich in Ordnung ist, dass ich das nicht kann.


Denn gerade das ist etwas, was nicht nur gegen den Trend, sondern auch gegen die Grundsätze unserer Leistungsgesellschaft geht. Dass es okay ist, nicht besser zu sein. Dass Selbstoptimierung Grenzen hat. Dass es keine Schwäche ist, auf Hilfe angewiesen zu sein. Oder dass gerade in dieser Schwäche deutlich wird, wie stark Gottes helfende Hand ist.


Ich will damit nicht sagen, dass mein Glaube nicht auch durch Dankbarkeit und Freude geprägt ist. Aber für mich ist es immer noch ein Lernprozess mich mit meiner eigenen Unzulänglichkeit anzufreunden und wirklich zu glauben und darauf zu vertrauen, dass auch Gott dafür nicht auf mich herabblickt, sondern mich angenommen hat und gerne dazu bereit ist meine Unzulänglichkeiten aufzuwiegen. Hoffentlich komme auch ich mal an einen Punkt, an dem ich sagen kann:

„[…] Sehr gerne will ich mich nun vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi bei mir wohnt.“ (2. Korinther 12, 9)

Schließlich weiß Gott ganz genau wie wir sind und möchte uns genau so haben:

„Denn seht, eure Berufung, Brüder, dass es nicht viele Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Edle sind; sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden macht; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden macht. Und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt, das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichtemache, dass sich vor Gott kein Fleisch rühmen kann. Aus ihm aber kommt es, dass ihr in Christus Jesus seid, der uns geworden ist Weisheit von Gott und Gerechtigkeit und Heiligkeit und Erlösung.“ (1. Korinther 1,26-30)

Somit ist unsere Abhängigkeit von Gott keinesfalls eine Abhängigkeit, die uns einengt. Sie erlöst uns. Sie befreit uns vom Leistungsdruck dieser Welt, von Schuld, von Scham und am Ende auch von einem Selbstbild, das Gottes liebevollem Blick auf uns nicht gerecht wird.


Ich brauche manchmal eine Erinnerung daran und ich hoffe, für euch konnte mein Beitrag heute auch eine Erinnerung daran sein.


Bis zum nächsten Mal!

Eure Lea

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