top of page
  • AutorenbildLea

Alles hat seine Zeit

„Hokuspokus steckt der Krokus seine Nase schon ans Licht“

 

Diese Zeile aus Rolf Zuckowskis „Immer wieder kommt ein neuer Frühling“ geht mir in letzter Zeit immer wieder durch den Kopf, wenn ich Spazieren gehe. Überall schießen seit den letzten Wochen die Krokusse aus dem Boden und kündigen genau diesen immer wiederkehrenden Frühling an.

 

Wie jedes Jahr erinnert uns der Beginn des Frühlings daran, dass die dunklen regnerischen Tage des Winters nicht für immer andauern und wir darauf vertrauen dürfen, dass dem Regen immer wieder auch die Sonne folgen wird.

 

Im letzten Jahr hat Daniel sehr passend seine Gedanken dazu zusammengefasst, wie schnell wir manchmal vergessen, dass der Winter nicht ewig andauert und wie viel Trost wir aus dem Versprechen Gottes nach der Sintflut ziehen können, dass der Lauf der Jahreszeiten von Dauer sein wird. Lest hierzu gerne noch einmal seinen Beitrag Frühling, Sommer, Herbst und Winter.

 

Doch wie geht man mit dem Wissen um, dass auch der Sommer nicht für immer bleiben wird? Dass auch nach dem lang ersehnten Sonnenschein wieder die nächste Regenperiode kommt? Mit diesen Fragen möchte ich mich heute beschäftigen.



 

Nach dem Regen die Sonne und wieder der Regen

 

Während ich diesen Beitrag schreibe, scheint die Sonne in mein Arbeitszimmer und beim Blick aus dem offenen Fenster sehe ich einen blauen Himmel. Vielleicht sieht es bei euch ähnlich aus, wenn ihr diesen Beitrag lest. Vielleicht fällt euer Blick aus dem Fenster aber auch auf graue Wolken und Regentropfen an der Scheibe.

 

Sollte letzteres auf euch zutreffen, kann ich euch versichern, dass die Sonne auch für euch bald wieder scheinen wird. Doch sollte bei euch bereits die Sonne scheinen, könnte ich euch mit gleicher Sicherheit versprechen, dass der nächste Regen kommen wird.

 

Gleiches gilt auch im übertragenen Sinn für unser Leben: Wie der Tag auf die Nacht, der Sommer auf den Winter oder die Sonne auf den Regen, so folgen auch in unserem Leben den schweren Zeiten immer wieder bessere Zeiten… Bis sie wieder in schwerere Zeiten umschlagen. Weder das eine noch das andere ist von Dauer.

 

Oder wie es der Prediger ausdrückt:

„Und die Sonne geht auf, und die Sonne geht unter, und sie strebt ihrem Ort zu, wo sie wieder aufgeht. Der Wind geht nach Süden und wendet sich nach Norden. Immer wieder sich wendend geht er dahin, und zu seinem Ausgangspunkt kehrt der Wind zurück. […] Das, was war, ist das, was wieder sein wird. Und das, was getan wurde, ist das, was wieder getan wird. Und es gibt gar nichts Neues unter der Sonne.“ (Prediger 1,5-9)

Ich muss zugeben, dass ich das Buch Prediger immer etwas ernüchternd fand. Insbesondere als junger Mensch mitten in der „Quarter Life Crisis“ findet man in der Erkenntnis des Predigers, dass alles „Nichtigkeit und ein Haschen nach Wind“ (Prediger 1,14) ist, zunächst wenig Trost.

 

Folgt man den ersten Kapiteln des Buches, dann hat der Verfasser hier offensichtlich alles ausprobiert: Streben nach Weisheit und Erkenntnis, nach reinem Vergnügen, nach Reichtum und Besitz. Über all diese Herangehensweisen fällt er das gleiche Urteil: Es ist nur Haschen nach Wind.

 

Doch ist das Buch Prediger keineswegs ein durchgängig negatives Buch. An vielen Stellen wird ebenso die Freude betont. So schreibt der Prediger unter anderem Folgendes:

 

„Ich erkannte, dass es nichts Besseres bei ihnen gibt, als sich zu freuen und sich in seinem Leben gütlich zu tun. Aber auch, dass jeder Mensch isst und trinkt und Gutes sieht bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.“ (Kapitel 3,12f.)
„Siehe, was ich als gut, was ich als schön erkannt habe: Dass einer isst und trinkt und Gutes sieht bei all seiner Mühe, mit der er sich abmüht unter der Sonne, die Zahl seiner Lebenstage, die Gott ihm gegeben hat; denn das ist sein Teil.“ (Kapitel 5,17)

 

Diese und ähnliche Aussagen wiederholen sich an einigen Stellen des Buches. Auch wenn sie als flüchtig beschrieben werden, hält der Prediger es für richtig, dass wir die Freuden, die uns das Leben bietet auch entsprechend genießen und sie dankbar als Gaben Gottes entgegen nehmen.

 

Er bringt aber ebenso zum Ausdruck, dass schwere Zeiten unausweichlich genauso Teil unseres Lebens sind wie die guten Zeiten:

 

„Für alles gibt es eine bestimmte Stunde. Und für jedes Vorhaben unter dem Himmel gibt es eine Zeit: Zeit fürs Gebären und Zeit fürs Sterben, Zeit fürs Pflanzen und Zeit fürs Ausreißen des Gepflanzten, […] Zeit fürs Weinen und Zeit fürs Lachen, Zeit fürs Klagen und Zeit fürs Tanzen, […]“ (Kapitel 3,1-4)
„Alles hat er schön gemacht zu seiner Zeit, […]“ (Kapitel 3,11)

 

Die Höhen und Tiefen unseres Lebens gehören zueinander wie der Tag und die Nacht und die verschiedenen Jahreszeiten. Nur das eine ohne das andere gibt es nicht – zumindest nicht in diesem Leben.

 

 

Nichtigkeit vs. Ewigkeit

 

So oft der Prediger auch die Nichtigkeit und Flüchtigkeit des Lebens beschreibt, so deutlich wird auch betont, dass das Handeln Gottes anderen Gesetzmäßigkeiten unterliegt. Immer wieder wird davon gesprochen, dass die Dinge, die Gott tut, keineswegs flüchtig sind, sondern ewig Bestand haben.

 

„Ich erkannte, dass alles, was Gott tut, für ewig sein wird. Es ist ihm nichts hinzuzufügen und nicht davon wegzunehmen.“ (Kapitel 3,14)

 

Es ist also nicht alles Nichtigkeit und Haschen nach Wind, sondern ohne Gott ist alles Nichtigkeit und Haschen nach Wind.

 

Den Erkenntnissen des Predigers kann man kaum widersprechen. Nicht umsonst finden sich einige der Themen auch in unserem heutigen Sprachgebrauch wider à la „Das letzte Hemd hat keine Taschen“. Erkenntnis, Reichtum und Weisheit führen weder zu einem Leben ohne Probleme noch können sie uns vor dem Tod bewahren und nur selten haben unsere Werke über unseren Tod hinaus noch Bestand.

 

Doch deutet auch der Prediger schon darauf hin, dass das nicht alles ist, was uns in Aussicht gestellt wird. Der weiter oben schon zitierte Vers 11 von Kapitel 3 hat noch eine interessante zweite Hälfte:

 

„[…] auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt, nur dass der Mensch das Werk nicht ergründet, das Gott getan hat, vom Anfang bis zum Ende.“ (Kapitel 3,11)

 

Die Dauerhaftigkeit und Ewigkeit, von der wir in Bezug auf Gottes Handeln lesen, ist etwas, woran wir teilhaben dürfen.

 

Unsere Schlussfolgerung aus den Ausführungen des Predigers muss nicht sein „Lasst uns essen und trinken; denn morgen sind wir tot!“ (1. Korinther 15.32). Wir lesen davon, dass es nicht falsch ist, unser Leben zu genießen, wenn wir die Gelegenheit dazu haben. Doch das ist nicht alles, auf das wir hoffen dürfen.

 

Jetzt gibt es eine „Zeit fürs Weinen und Zeit fürs Lachen“ und „die Sonne geht auf und die Sonne geht unter“, doch wir lesen auch von einer Zeit, in der diese Dualität aus Höhen und Tiefen in unserem jetzigen Leben aufgehoben sein wird.

 

„Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offenbarung 21,4)
„Und Nacht wird nicht mehr sein, und sie bedürfen nicht des Lichtes einer Lampe und des Lichtes der Sonne; denn der Herr, Gott, wird über sie leuchten, und sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit.“ (Offenbarung 22,5)

 

 

Ein Ausweg aus der Vergänglichkeit

 

Dieser Ausblick auf die Ewigkeit entbindet uns selbstverständlich nicht von unserer Verantwortung für unser jetziges Leben und ich möchte das Hier und Jetzt keineswegs vernachlässigen, aber ich finde diesen Blickwinkel wichtig, um die Botschaften aus Prediger einordnen zu können.

 

„Alles ist Nichtigkeit!“ (Kapitel 12,8) ist vor diesem Hintergrund keine Aussage, die entmutigend wirken muss. Vielmehr zeigt sie uns, wie unsere Probleme im Vergleich mit der Ewigkeit verblassen und wie unsere jetzigen Freuden nur Vorboten sind für eine vollkommene Freude.

 

Wir können die regnerischen Tage ertragen in der Gewissheit, dass die Sonne wieder scheinen wird und wir können die sonnigen Tage in vollen Zügen genießen, ohne uns davon entmutigen zu lassen, dass es irgendwann auch wieder regnen wird. Wir können uns über die Krokusse freuen, die den Frühling ankündigen und diese Freude sollte nicht dadurch gemindert werden, dass es einen nächsten Winter geben wird.

 

Alles vergeht, aber das, was Gott tut, hat Bestand. Und daran dürfen wir teilhaben. So wie Paulus in 1. Korinther schreibt:

 

„Denn dieses Vergängliche muss Unvergänglichkeit anziehen und dieses Sterbliche Unsterblichkeit anziehen.“ (1. Korinther 15,53)
„Daher, meine geliebten Brüder, seid fest, unerschütterlich, allezeit überreich in dem Werk des Herrn, da ihr wisst, dass eure Mühe im Herrn nicht vergeblich ist!“ (1. Korinther 15,58)

Während ich diese letzten Zeilen schreibe ist die Sonne, die zuvor noch in mein Arbeitszimmer geschienen hat, untergegangen. Eigentlich wollte ich diesen Beitrag damit beenden, ganz im Sinne des Predigers darauf zu verweisen, dass ich jetzt vor die Tür gehen werde, um die Sonne zu genießen, bevor die nächsten Tage wieder wolkenverhangen sind.

 

Aber vielleicht ist es umso passender, dass ich diesen Beitrag in dem Wissen schließen kann, dass heute nicht meine letzte Gelegenheit war, einen Tag in der Sonne zu verbringen. Und in der Zwischenzeit hoffe ich, dass auch meine Mühe, meine Gedanken für euch aufzuschreiben, nicht vergeblich war 😉

 

 

Bis zum nächsten Mal!

Eure Lea

1 Kommentar
bottom of page