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Unser Licht finden

Jeder von euch hat bestimmt schon einmal gehört, dass wir als Christen das Licht der Welt sein sollen (Matthäus 5, 14) oder dass wir leuchten sollen wie Himmelslichter (Philipper 2, 15). Aber was bedeutet das eigentlich und wie soll das funktionieren?


Der Gedanke, der vielleicht eine Antwort auf diese Frage ist, kam mir während eines Vortrags zum Hebräerbrief, den ich vor einiger Zeit gehört habe. Im ersten Kapitel lesen wir Folgendes über Jesus:

„er, der Ausstrahlung seiner Herrlichkeit und Abdruck seines [Gottes] Wesens ist und alle Dinge durch das Wort seiner Macht trägt, hat sich, nachdem er die Reinigung von den Sünden bewirkt hat, zur Rechten der Majestät in der Höhe gesetzt“ (Hebräer 1, 3)

Leuchten wie der Mond


Wie ich in dem Vortrag gelernt habe, bedeutet das griechische Wort für Ausstrahlung (apaugasma) so viel wie Abglanz. Es beschreibt weniger ein Leuchten aus sich selbst heraus, sondern eher ein Leuchten wie das des Mondes, der nicht selber Licht ausstrahlt, sondern das Licht der Sonne reflektiert.


Jesus, der sich auch selbst als das Licht der Welt bezeichnet (Johannes 8, 12), strahlt also nicht aus sich selbst heraus, sondern er spiegelt Gottes Licht wider und gibt es an die Menschen weiter. Wenn wir davon lesen, dass auch wir das Licht der Welt sein sollen, ist denke ich das gleiche gemeint. Wir sollen Gottes Licht reflektieren und damit unser Umfeld erhellen.




Gottes Licht


Jetzt habe ich schon viel von Gottes Licht gesprochen, da stellt sich natürlich die Frage: Was ist dieses Licht überhaupt? Ich glaube, man kann an dieser Stelle auch einfach von Gottes Liebe sprechen. Einige von euch denken vielleicht als erstes an das Wort, das auch sehr oft im Zusammenhang mit Licht angesprochen wird, aber für mich geht beides Hand in Hand. Also lasst uns in diesem Beitrag das Wort einfach als eine der Unterkategorien von Gottes Liebe betrachten.


Unsere Aufgabe ist es also, Gottes Liebe zu reflektieren. Und die gute Nachricht ist, dass die erste Hälfte dieser Aufgabe schon erledigt ist. Denn jeder von uns hat Gottes Liebe bereits empfangen. Jetzt liegt es an uns, diese Liebe nicht einfach nur anzunehmen und für uns zu behalten, sondern sie an andere Menschen weiterzugeben. Wie Jesus gesagt hat:

„Man zündet auch nicht eine Lampe an und setzt sie unter den Scheffel, sondern auf das Lampengestell, und sie leuchtet allen, die im Hause sind. So soll euer Licht leuchten vor den Menschen, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater, der in den Himmeln ist, verherrlichen.“ (Matthäus 5, 15+16)

Unser Reflexionsgrad


Ich finde die Erkenntnis beruhigend, dass es an dieser Stelle gar nicht darum geht, dass wir erst selbst aus eigener Kraft unser Licht erschaffen müssen, sondern dass es das Licht schon längst gibt: Es kommt von Gott und wir geben es nur weiter. Aber trotzdem kommt leider oft nicht mehr viel von diesem Licht bei unseren Mitmenschen an. Um das zu verdeutlichen, lasst uns mal einen kleinen Ausflug in die (Innen-)Architektur machen:


Wenn man sich mit der Beleuchtung von Räumen auseinandersetzt, dann gibt es je nach Nutzung des Raums Vorgaben für die Beleuchtungsstärke. Diese ist abhängig von verschiedenen Faktoren, unter anderem von den Reflexionsgraden von Wänden, Decken und Boden. Der Reflexionsgrad beschreibt, wie viel Prozent des Lichts, das auf die Oberfläche trifft, reflektiert wird. So hat zum Beispiel eine hellgrüne Wand einen höheren Reflexionsgrad als ein dunkelblauer Teppichboden und mit einer weißen Oberfläche lässt sich je nach Beschaffenheit des Materials fast ein 100%iger Reflexionsgrad erreichen.


Ich glaube jeder von uns hat einen ganz persönlichen Reflexionsgrad, wenn es darum geht, Gottes Licht und Liebe zu reflektieren. Und ich bin mir sicher, dass keiner bei 100% liegt. Das einzige Beispiel für so eine „Totalreflexion“ ist Jesus. Aber wir können daran arbeiten, unseren Reflexionsgrad zu verbessern.



Gottes Liebe verstehen


Um Gottes Liebe besser an andere weitergeben zu können, müssen wir sie zunächst für uns selbst wirklich angenommen und verstanden haben.

„Denn die Liebe ist aus Gott; und jeder, der liebt, ist aus Gott geboren und erkennt Gott. Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe.“ (1. Johannes 4, 7+8)

Zu begreifen, dass Gott uns wirklich ohne wenn und aber liebt, kann manchmal viel schwieriger sein, als es auf den ersten Blick scheint. Und es gibt auch kein Patentrezept dafür, an diesen Punkt zu gelangen. Aber zumindest eine Hilfestellung kann ich euch mit auf den Weg geben: Das Erkennen, von dem Johannes in seinem Brief spricht, hat nichts damit zu tun, Gottes Liebe mit dem Kopf in der Theorie verstanden zu haben.


Es geht darum, Gott und seinen Charakter wirklich kennenzulernen. Nicht nur die Geschichten in der Bibel zu lesen, sondern die Person zu sehen, die hinter all dem steckt. Nicht nur Gottes Gebote auswendig zu lernen, sondern seine Motivation hinter den Regeln zu verstehen. Nicht nur Gottes Plan mit der Welt zu erkennen, sondern zu fragen, warum Gott das vorhat. An all diesen Stellen findet man Gottes Liebe zu uns.


Nur wenn wir verstanden haben, wie sehr Gott jeden einzelnen von uns liebt, können wir auch beginnen, diese Liebe an andere weiterzugeben. Quasi nicht „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“, sondern „Liebe deinen Nächsten so wie Gott dich liebt“. Oder um nochmal Johannes zu zitieren:

„Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, sind wir auch schuldig, einander zu lieben.“ (1. Johannes 4, 11)

Mit Gottes Augen sehen


Vermutlich fragt ihr euch, warum es denn so wichtig ist, zunächst Gottes Liebe für uns wirklich zu begreifen, bevor man diese Liebe an andere weitergeben kann. Ich denke, ein Teil der Antwort ist, dass es uns dabei hilft, auch seine Liebe gegenüber anderen Menschen zu verstehen und sie mit seinen Augen zu sehen.


Vor allem bei Menschen, die es uns nicht leicht machen, ihnen mit Liebe zu begegnen, hilft es oft, einmal die eigene Meinung zu der Person beiseite zu schieben und zu versuchen, sie mit Gottes Augen zu sehen. Gott bringt dieser Person genauso viel Mitgefühl und Gnade entgegen, wie uns, weil er sie genauso liebt wie uns. Also sollten wir das ebenfalls tun.


Wie können wir schlecht von einer Person denken oder sie schlecht behandeln, wenn sie von Gott geliebt wird? Das wäre als würden wir sagen: "Sorry Gott, aber in diesem Fall hast du dich geirrt. Diese Person hat deine und meine Liebe wirklich nicht verdient!" Aber so funktioniert Gottes Liebe nicht. Auch wir haben es nicht verdient von Gott geliebt zu werden, aber er tut es trotzdem. Seine Liebe ist nicht an Bedingungen geknüpft, sie ist ein Geschenk. Und als Geschenk sollten wir sie auch weitergeben.


Wenn wir versuchen, andere mit den Augen Gottes zu sehen, ist das im Grunde wie eine Abwandlung von der Frage „Was würde Jesus tun?“. Nur eben mit dem Fokus darauf, dass die Grundlage Jesu Handeln immer war, dass er die Menschen aufrichtig geliebt hat und dass unser Handeln die gleiche Grundlage haben sollte.



Ein Leben mit Leuchtkraft


Wenn wir es schaffen, die Liebe, die wir durch Gott erfahren haben, in möglichst großem Umfang an unser Umfeld weiterzugeben, dann führen wir ein Leben mit Leuchtkraft. Das wird uns nicht immer in gleichem Maße gelingen, denn unser Reflexionsgrad schwankt immer wieder. Aber Gottes Licht strahlt immer in der gleichen Intensität.


Auch an den Tagen, an denen wir es nicht schaffen viel davon weiterzugeben, liebt Gott uns immer noch so sehr wie am Tag davor. Oder um wieder auf das Beispiel des Mondes zurückzukommen: Auch wenn Neumond ist und man von der Erde aus keine Reflexion erkennen kann, wird der Mond weiter von der Sonne angestrahlt.


Also lasst uns diese Woche versuchen, ein bisschen mehr zu leuchten als zuvor. Mehr von Gottes Liebe weiterzutragen und den Menschen um uns herum zu zeigen, wie wunderbar das Licht ist, in dem wir leben dürfen.

"Lasst uns lieben, weil er uns zuerst geliebt hat." (1. Johannes 4, 19)

Bis zum nächsten Mal!

Eure Lea



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