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AutorenbildUlrike

Still? – Leben – einfach – biblisch

Seid ihr bereit für ein paar „neue“ Gedanken? Ich habe es in meinem letzten Blog „Leben – nicht immer – einfach – biblisch“ (www.leben-einfach-biblisch.de/post/leben-nicht-immer-einfach-biblisch) angekündigt, heute werde ich über die „stille“ Frau schreiben. Die Frage ist diese: Ist es eine Anweisung von Paulus für eine gläubige Frau in der Gemeinde still zu sein, oder kann sie ihre Talente einsetzen und, wenn möglich, auch lehren?


Lehren im Sinne von predigen, unterweisen, Erkenntnis weitergeben und das nicht nur an Kinder. Darf eine Schwester einen Vortrag, einen Impuls vor dem Gedächtnismahl mit der Gemeinde teilen? Darf sie in Bibelfreizeiten und Bibelstudien Inhalt vermitteln und laut für alle ein Gebet sprechen? Würden einem Bibelleser nicht die einschlägigen Stellen immer wieder in den Sinn kommen, würde dieser sicher sagen, dass es wertvoll sei aus allen Ressourcen zu schöpfen und nicht 50% der Gläubigen auszuschließen.

Aber da war doch...

Die Frau soll still zuhören, wenn in der Gemeinde gelehrt wird, und bereit sein, sich ganz unterzuordnen. Einer Frau erlaube ich nicht, öffentlich zu lehren oder sich über den Mann zu erheben. Sie soll vielmehr still und zurückhaltend sein. Denn Gott hat zuerst Adam geschaffen, den Mann, und danach Eva, die Frau. Außerdem ließ sich nicht Adam von der Schlange verführen, sondern Eva. Sie hat Gottes Gebot übertreten. Doch auch sie wird gerettet werden, auch und gerade dann, wenn sie ihre Aufgabe als Frau und Mutter erfüllt – vorausgesetzt, sie vertraut auf Gott, bleibt in seiner Liebe und tut besonnen seinen Willen. (1.Timotheus 2,11-15)

Also doch! Still zuhören und sich unterordnen steht hier.

Der Pastor der Christengemeinde, der in Oberhausen eine Vortragsreihe zum Thema „Der Dienst der Frau in der Gemeinde“ hielt, bietet folgende Erklärung, die ich hier aus meinem Verständnis heraus zusammenfasse:

Eine grundtextnahe Übersetzung (1) dieser Verse spricht von:

 „ Eine Frau lerne in den festgelegten Grenzen der Unterordnung. Ich erlaube einer Frau daher nicht zu lehren, indem sie über den Mann herrscht, sondern ich will, dass sie die Ordnung bewahrt; denn Adam wurde zuerst gebildet, danach Eva, und Adam wurde nicht betrogen, die Frau aber wurde betrogen und fiel in Übertretung. Sie wird aber durch den Nachkommen einer Frau (hindurch) gerettet werden, wenn sie in Glaube, Liebe und Heiligkeit ein besonnenes Leben führt!“


Paulus verbindet hier das Lehren mit dem Herrschen. Hier lese ich von einem Verbot, dass einer Frau nicht erlaubt zu lehren, indem sie über den Mann herrscht, also kein Lehrverbot, sondern ein Verbot, auf eine ganz bestimmt Art und Weise zu lehren. Ein äußerst selten im Bibeltext gebrauchtes Wort für „herrschen“ ist hier das griechische Wort „authentein“. Es kommt im gesamten Neuen Testament nur an dieser Stelle im Timotheusbrief vor. Zur Zeit der Abfassung des Briefes von Paulus hatte es diese Bedeutung noch nicht, sondern bedeutete entweder „morden“ oder „jemanden sexuell zu dominieren“. Davon leitet sich der Begriff der „Domina“ ab. Zur damaligen Zeit konnte das die Verbindung zu einem heidnischen Fruchtbarkeitskult sein. Damals verbreiteten manche Frauen die gnostische Irrlehre, dass nur Frauen Trägerinnen göttlicher Offenbarungen seien und nur sie göttliches Heil unmittelbar vermitteln können. Eine Strömung im Gnostizismus ist der „Ophitische Gnostizismus“. Dort wurden Eva und die Schlange (ophis) verehrt und zudem eine enge Verbindung zu Fruchtbarkeitskulten der Kybele, Isis und Artemis gepflegt. Für diese Kulte gab es nachweislich Tempel in der damaligen hellenistischen Welt. Aus diesem Eva/Schlange Kult leitete sich die Forderung ab, dass Männer den Frauen stets sexuell zur Verfügung zu stehen hatten. Diese Frauen wollten mit ihrer Irrlehre die Männer sexuell beherrschen. Paulus wendet sich gegen die Verbreitung dieser Irrlehre. Im Gegensatz dazu steht die jüdisch, rabbinische Lehre, die besagt, dass die Männer über die Frauen herrschen sollen. Paulus musste also immer wieder vor beiden Irrlehren warnen und sie bekämpfen, so auch in Korinth.



Auch wenn ich im Bibeltext von „still sein“ oder „sich in Stille halten“ lese, meint das übersetzte Wort nicht schweigen sondern vielmehr „ in festgelegten Grenzen bleiben“ oder „Ordnung bewahren“.

Einige Beispiele aus dem neuen Testament unterstreichen diese These. Zum Beispiel bittet Paulus den Timotheus

Was du von mir in Gegenwart vieler Zeugen gehört hast, das gib an zuverlässige Christen weiter, die wiederum fähig sind, andere im Glauben zu unterweisen. (2. Timotheus 2,2)

Für „zuverlässige Christen“, oder wie in der Elberfelder Übersetzung zu lesen: „treue Menschen“, steht im griechischen Text das Wort „antropos“, das bedeutet Männer und Frauen. Hier werden also beide Geschlechter aufgefordert andere zu lehren.


Und noch eine schöne Bibelstelle aus dem Kolosserbrief liest sich so:

Lasst die Botschaft von Christus ihren ganzen Reichtum bei euch entfalten. Unterweist und ermahnt euch gegenseitig mit aller Weisheit und dankt Gott von ganzem Herzen mit Psalmen, Lobgesängen und Liedern, die euch Gottes Geist schenkt. Ihr habt doch Gottes Gnade erfahren! (Kolosser 3,16)

In euch, Männer und Frauen, wohnt das Wort des Christus. Keiner steht über oder unter dem anderen. Also kein Problem euch gegenseitig zu lehren und zu ermahnen.


Es sind die kleinen Begebenheiten, die aufhorchen lassen. Paulus bittet seinen treuen Mitarbeiter Syzygus, zwischen den beiden zerstrittenen Frauen Euodia und Syntyche zu vermitteln. Wer sind diese Frauen, was verbindet sie mit Paulus?

Darum ermutige ich euch, meine lieben Brüder und Schwestern: Bleibt nur fest in eurem Glauben an den Herrn, so wie ich es euch geschrieben habe! Ich habe große Sehnsucht nach euch, denn ihr seid meine Freude, mein ganzer Stolz, die Menschen, die ich von Herzen liebe! Euodia und Syntyche bitte ich eindringlich, sich wieder zu vertragen. Sie glauben doch beide an den Herrn Jesus Christus. Vielleicht kannst du, Syzygus, mein treuer Mitarbeiter, den Frauen dabei helfen! Schließlich haben die beiden mit mir – Seite an Seite mit Klemens und meinen anderen Mitarbeitern – für die Verbreitung der rettenden Botschaft gekämpft. Gott hat ihre Namen in das Buch des Lebens eingetragen. (Philipper 4,1-3)

Beide haben Seite an Seite mit anderen Gläubigen das Evangelium in die Welt getragen! Paulus zählt sie zu den Menschen, die er von Herzen liebt. Menschen auf die er stolz ist. Menschen, die gebrannt haben für die Verkündigung! Was für eine starke Verbindung.


Es ist ganz egal, ob du Mann oder Frau bist. Wir alle haben Talente, die wir nutzen sollten, um die rettende Botschaft zu vermitteln und um gemeinsam Schritt für Schritt auf dem Weg zum kommenden Königreich zu gehen - auf Augenhöhe! Die „Ordnung bewahren“ heißt nicht zwangsläufig still zu sein. Vielmehr sprechen die Bibelstellen, die von „lauten“ Gläubigen erzählen mein Herz an und regen mich an, nach Talenten zu suchen und diese zu üben. Alles geschehe in Liebe!

 

Eure Ulrike

 

Die Bibelzitate sind der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.

 

(1) Quelle für die urtextnahen Übersetzungen des Pastors aus Neumünster ist die Dabhar-Überstetzung



Bildquelle: pixabay von geralt

 

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