– der Urlaub ist schon zu Ende. Zwei Wochen „Sommerurlaub“. Wegfahren, andere Menschen, anderes Bett, anderer Tagesablauf. Einfach mal was anderes machen. Vor zwei Wochen haben wir voller Vorfreude die Taschen und das Auto gepackt. Haben uns im Vorfeld schon ausgemalt, was wir alles so anstellen könnten, so direkt an einem See der Mecklenburgischen Kleinseenplatte.
Geht euch das auch so?
Die ersten Tage laufe ich euphorisiert durch die Gegend, sauge alles auf, was es so um mich herum „Neues“ gibt. Dieses Jahr war der direkte Seezugang ein Highlight. Morgens schwimmen, Buch lesen, Kajak fahren, abends schauen, ob es einen sehenswerten Sonnenuntergang über dem See gibt. Den Gänsen und Enten beim Äsen zuschauen und Touren planen.
Dann die nüchterne Phase. Ziemlich schnell war uns klar: alles auf unserer Wunschliste können wir gar nicht erleben. Mitten auf dem großen Wiesengrundstück, dass sich bis ans Wasser erstreckt und zum See hin nur durch eine Reihe großer alter Erlen und Akazien begrenzt ist, steht ein ziemlich hoher Fahnenmast – mit Fahne natürlich. Und diese und die Wetter-App auf meinem Handy bestimmten nun die Tagesaktivitäten. Kajak fahren bis 15 km/h ging gerade noch so. In der App wird das als „mäßige Brise“ beschrieben. Für Paddler, die wie wir relativ ungeübt und mit wenig Ausdauer raus aufs Gewässer wollen, nahezu unmöglich, in der aufgewühlten See voranzukommen. Alles was darüber war (leichte Brise J), war so kräfteraubend und geradezu gefährlich, dass wir uns die Orte, die wir zu Wasser besuchen wollten, erst mal von der Landseite aus anschauten.
Das nenne ich hier mal die „offene“ Phase. Sehr abenteuerlich, über kleine Waldwege, an verwunschenen Buchten vorbei – oder, wenn es ging, auch mal rein in den See – und eingenebelt in Anti-Mückenspray streunten wir durch Feld, Wald und Wiese. Den Blick nach allen Seiten offen, begegneten wir Tieren, die uns ganz nahe kamen. An eine Schlange im Wasser und an den stattlichen Hirsch, der vor uns den Weg kreuzte, erinnere ich mich besonders. Und an die Ruhe, die abends regelmäßig einkehrte. Da lag der Wasser wie im Gute-Nacht-Lied: „Still und starr ruht der See...“ , wie eine Bleiplatte dahingegossen. Ein schmaler Streifen der letzten Sonnenstrahlen orange-rosa gefärbt, Kraniche meldeten sich mit ihren Abendrufen, Familie Haubentaucher schwamm noch ihre letzte Runde, vorwitzige Fische schnappten sich die fetten Mücken über der Wasseroberfläche weg, bevor die Schwalben diese erwischten, und der Fischreiher suchte sich seinen Schlafplatz. Alles in himmlischer Ruhe.
Weil es tagsüber so stürmisch war, haben wir an einem Morgen ganz früh den Wecker gestellt und sind um kurz vor fünf zum Sonnenaufgang raus aufs Wasser gefahren. Ein absolut magischer Moment. Wenn die Sonne durchbricht, dann denke ich daran, dass ich ein Miniteilchen von diesem Riesenuniversum bin und dem Schöpfergott sehr dankbar bin, dass ich dies alles erleben darf. Zweimal gab es ein richtig heftiges Gewitter. Die großen Bäume bogen sich im Wind, der prasselnde Regen überschwemmte alles. Wie klein und staunend stehe ich in dieser Welt und kann mich immer nur wieder freuen, dass ich ein Teil von ihr bin.
Sag mir: Wer ist jemals zum Himmel hinauf- und wieder hinabgestiegen? Wer hat den Wind mit seinen Händen gezähmt oder die Wassermassen gebändigt? Wer setzte die Grenzen der Erde fest? Weißt du, wer das alles vollbracht hat? Dann nenn mir seinen Namen und den seines Sohnes! (Sprüche30,4)
Das Dorf, in dem wir unsere Unterkunft hatten, ist typisch für diese Gegend. Kein Laden, zwei Gastwirtschaften (naja, eigentlich drei – eine ist geschlossen, wegen Übernahme und Renovierung), ein Töpfer und eine kleine Cider-Manufaktur. Eine kleine Dorfkirche, vor der immer das Schild „offene Kirche“ steht, die aber fast nie offen ist und manchmal bimmeln dort sonntags auch die Glocken.
Der Töpfer ist ein redseliger Zeitgenosse, der, wenn keiner in der Cider-Manufaktur ist, auch mal diesen Geschäftszweig übernimmt. Seine Töpferware ist besonders. Gerne erklärt er ausholend und mit Zitaten gespickt die Motive auf seinen Tassen und Schüsseln, die aus der griechischen Mythologie stammen. Prometheus und Co hatten kein einfaches Leben. Zugegeben, ich kenne mich so gar nicht mit diesen alten Griechen aus, doch so wie er es erzählt und immer wieder lebensnahe Fragen einstreut, das macht seine Geschichten richtig lebendig. Da geht es um Schuld und Bestrafung, Stärke und Schwäche. Und eigentlich immer um das Erlöst werden. Als wir uns dann als Christen outeten, hatte er auch dazu ein passendes Motiv: „Ja, die Urchristen hätten es ihm angetan, besonders das Fischzeichen, auch ICHTYS genannt.“ Seine Fische sehen sehr lebendig aus und schwimmen über die Glasur. Ein interessantes Gespräch, bei dem die immer wiederkehrenden Fragen "Wie kann ein Mensch Erlösung erlangen?" und "Wie sehe und bearbeite ich die Widrigkeiten auf dem Weg dahin?" beantwortet werden wollen.
Warum ich das alles aufschreibe, fragt ihr euch jetzt?
Zum einen, weil ich wieder mal erlebt habe, dass ich mir ganz viel vornehmen kann, planen kann, mich darauf freuen kann, und dann zwei Möglichkeiten habe mit den widrigen Umständen umzugehen, die dazu führen, dass nicht immer alles glatt läuft. Ich hätte mich gefrustet vom schlechten Wetter und meckernd in die Ferienwohnung verkriechen können, verschlossen und nicht aufnahmebereit für all das Schöne da draußen. Oder, wie oben beschrieben, offen für Neues und Anderes sein und so Erfahrungen zu machen und Dinge zu entdecken, von denen ich bei der Planung keinen Schimmer hatte.
Ich denke, so ist es auch in anderen Dingen. Zum Beispiel erinnere ich mich an die aktive, euphorische Zeit meines Glaubenslebens, als ich jung und voller Energie Jugendfreizeiten mit anderen zusammen plante und durchführte, oder durch meinen Einsatz versuchte, ein lebendiges Glaubensleben in unserer kleinen Gemeinschaft zu fördern. Darauf folgten Zeiten, in denen der Psalm 23 seine wahre, persönliche Bedeutung erhält.
Auch wenn es durch dunkle Täler geht, fürchte ich kein Unglück, denn du, HERR, bist bei mir. Dein Hirtenstab gibt mir Schutz und Trost. (Psalm 23,4)
Es läuft eben nicht alles gerade und was so im Leben passiert ist nicht immer hell. Dann hilft es, so wie Daniel letzte Woche beschrieb, den Kopf nicht in den Sand zu stecken, sondern die „Binde der Blindheit“ von den Augen zu nehmen, um zu sehen.
Zum Schluss noch ein kleiner Ausflug in die Bedeutung von „Ichthys“. Hier ein Auszug aus der Erklärung von „Wikipedia“:
Geschichte und Hintergrund
Eine mündlich tradierte und später in Schriftform festgehaltene Version erzählt, dass der Fisch als christliches Erkennungszeichen verwendet wurde. Das griechische Wort für Fisch ἰχθύς ichthýs, hier als Apronym, enthält ein kurzgefasstes Glaubensbekenntnis (Ἰησοῦς Χριστός Θεοῦ Υἱός Σωτήρ):
ΙΗΣΟΥΣ – Iēsoûs „Jesus“ ΧΡΙΣΤΟΣ – Christós„der Gesalbte“ ΘΕΟΥ – Theoû „Gottes“ ΥΙΟΣ – Hyiós „Sohn“ ΣΩΤΗΡ – Sōtér „Retter“/„Erlöser“
Das (I·Ch·Th·Y·S-)Symbol besteht aus zwei gekrümmten Linien, die einen Fisch darstellen. Historisch nicht belegt ist die Auffassung, dass es schon von den ersten Urchristen als Erkennungs- und Geheimzeichen benutzt wurde: Eine Person zeichnete einen Bogen in den Sand, die andere vollendete das Symbol mit dem Gegenbogen und zeigte sich damit als Bruder oder Schwester in Christus.
Tertullian (ca. 200 n. Chr.) spricht in seiner Schrift über die Taufe (De baptismo 1,3) von Christus als dem Ichthys, den Christen aber als „Fischlein“, die aus dem Ichthys geboren seien. Der Fisch kann archetypisch und tiefenpsychologisch als Symbol für die (unter Wasser) verborgene Wahrheit gedeutet werden, die es zu fangen, also ans Licht zu holen gilt. Sie schillert zunächst im Verborgenen, entgleitet dem Fischer leicht, verspricht aber Nahrung. In der Geschichte vom Fischzug des Petrus erweist sich Jesus damit auch als Wegweiser zur Wahrheit.
Das Symbol bezieht sich auf den Satz aus dem Lukasevangelium (…)
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fisch_(Christentum)
Jesus stieg in das Boot, das Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück vom Ufer abzustoßen. Dann setzte Jesus sich und lehrte vom Boot aus die Menschen. Anschließend sagte er zu Simon: »Fahrt jetzt weiter hinaus auf den See und werft eure Netze aus!« »Herr«, erwiderte Simon, »wir haben die ganze Nacht hart gearbeitet und nichts gefangen. Aber weil du es sagst, will ich es tun.« Sie warfen ihre Netze aus und fingen so viele Fische, dass die Netze zu reißen begannen. Deshalb winkten sie den Fischern im anderen Boot, ihnen zu helfen. Sie kamen, und bald waren beide Boote bis zum Rand beladen, so dass sie beinahe sanken. Als Simon Petrus das sah, warf er sich vor Jesus nieder und rief: »Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch!« Er und alle anderen Fischer waren erschrocken und erstaunt über diesen Fang, auch Jakobus und Johannes, die Söhne von Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Aber Jesus sagte zu Simon: »Fürchte dich nicht! Du wirst von nun an keine Fische mehr fangen, sondern Menschen für mich gewinnen.« Sie brachten die Boote an Land, ließen alles zurück und gingen mit Jesus. (Lukas 5,3-11)
Wer fühlt sich, wie ein kleines Fischlein? <><
Eure Ulrike
Die Bibelzitate sind der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.
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