nomen est omen
- Peter
- 29. Sept.
- 4 Min. Lesezeit
Es ist schon erstaunlich, wie oft in solchen Redensarten ein zutiefst wahrer Kern steckt. Das konnte ich vor einiger Zeit recht schmerzlich (und lehrreich!) am eigenen Leib – oder besser gesagt – am eigenen Namen erfahren.
Wie es dazu kam? Nun dazu muss ich ein wenig ausholen.
Damit ihr die richtige zeitliche und inhaltliche Einordnung bekommt, sollte ich wohl zuerst erwähnen, dass ich diesen Beitrag schon im letzten Monat, also während der Sommerpause, kurz nach unserem eigentlich wundervollen Griechenlandurlaub, am 11. August geschrieben habe. Diese Einordnung ist wichtig, um zu verstehen, wie unvermittelt und aufwühlend ein Teil der damaligen Tageslese mit einem kurzen Ereignis, dass sich ziemlich exakt eine Woche zuvor während unserer Schiffsreise ereignet hatte, zusammenstieß.
Die Tageslese, um die es hier geht, kam aus dem Markusevangelium, Kapitel 8. In diesem Kapitel lernt man so einiges über die Persönlichkeit des Petrus. Er ist hier derjenige, der auf Jesu Frage, was denn die Menschen meinen, wer er sei, mit voller Inbrunst antwortet:
Und Jesus und seine Jünger gingen hinaus in die Dörfer von Cäsarea Philippi. Und auf dem Weg fragte er seine Jünger und sprach zu ihnen: Was sagen die Menschen, wer ich bin? Sie aber antworteten ihm und sagten: Johannes der Täufer; und andere: Elia; andere aber: einer der Propheten. Und er fragte sie: Ihr aber, was sagt ihr, wer ich bin? Petrus antwortet und spricht zu ihm: Du bist der Christus! (Markus 8, 27-29)
Und mehr noch als nur diese herausragende Antwort, fühlt er sich auch noch kompetent genug, Jesus für das, was in Jerusalem geschehen soll, zu tadeln – weil er doch so viel offensivere Pläne mit Jesus hat.
Dabei fällt einem (zumindest mir) doch umgehend seine spätere Verleugnung ein, diesen Jesus überhaupt zu kennen. Das ist so meilenweit voneinander entfernt. Dieser so unglaubliche Enthusiasmus für die Sache, gerne auch im Vorangehen, und dann diese Feigheit im entscheidenden Moment. Und doch steckt beides in diesem einen Menschen.
Was für mich in den gleichen Zusammenhang gehört, sind Jesu Worte am Ende des Kapitels:
Denn wer sich meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Sohn des Menschen schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln. (Markus 8, 38)
Soweit zu diesem Abschnitt der Tageslese, der mich sehr direkt zurückgeworfen hat zu dieser kleinen, aber sehr nachhaltig schmerzlichen Begebenheit auf unserer Reise.
Auf unserer Segelkreuzfahrt zwischen den griechischen Inseln der Kykladen stand an einem Tag der Besuch der Insel Patmos auf dem Programm, wo sowohl das Johanneskloster aus dem 11. Jahrhundert als auch die nahe gelegene Höhle, in der nach der Überlieferung der Apostel Johannes die Apokalypse empfangen hat, zu besichtigen war. Wie üblich gab es am Vortag einen kurzen Vortrag zum Ablauf und Inhalt dieses Ausfluges, zu dem wir uns auch angemeldet hatten.
Frau Dr. XY (der Name tut nichts zur Sache), Professorin für nachhaltigen Tourismus, die für die fachliche Begleitung an Bord war, stammelte etwas hilflos durch die biblischen Zusammenhänge und die Identifikation des richtigen Johannes. Und dann kam die Frage eines der wenigen Passagiere, die dieser Vortrag interessierte:
"Könnten Sie bitte kurz erläutern, worum es eigentlich in der Apokalypse geht?"
Frau Dr. konnte nicht wirklich …
Da war er, DER Moment, der meine Chance hätte sein können, endlich mal zu tun, was mir doch so am Herzen liegt: verkündigen! Ja, er hätte es sein können.
Aber da war nur Schweigen!

Ich war anschließend schnell für mich selbst mit der Entschuldigung bei der Hand: Bei diesem erschreckenden Ausmaß an Unwissenheit wäre das doch eh „Perlen vor die Säue“ gewesen, oder?
So habe ich dann diesen Augenblick auch schnell verdrängt, bis auf das ein oder andere Wiederaufkommen der Frage: Hätte ich nicht eigentlich doch …? In Gedanken malte ich mir auch aus, was ich da wohl gesagt hätte. Hatte mir nicht Gott das Talent der freien Rede geschenkt und die Gabe, komplexe Sachverhalte einfach und verständlich darzustellen? Hätte, wäre, wenn – zu spät!
Ich denke, der Ein oder Andere von Euch kennt dieses niederschmetternde Gefühl, mal wieder eine gute Gelegenheit feige verpasst zu haben. Petrus‘ Versagen war ja noch dazu nur allzu gut nachvollziehbar. Schließlich hätte ihm ein „Outing“ als Anhänger Jesu wirklich äußerst gefährlich werden können. Aber warum mein Schweigen?
Was mir erst jetzt beim Schreiben auffällt, wessen ich aber auf der Reise keine weitere Bedeutung beigemessen habe: am Tag des Ausfluges ging es mir körperlich so schlecht, dass ich den Ausflug nicht mitmachen konnte!? Keine zweite Chance!
Über Petrus lesen wir nach seiner Verleugnung:
Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. (Lukas 22,62)
So geht es mir heute, während ich diese Zeilen schreibe. Das hier zu berichten, hat mir zumindest geholfen, es los zu werden.
Neue Zuversicht finde ich in den Worten, die Jesus im Lukasevangelium zu Petrus bereits vor seinem Versagen spricht:
Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. (Lukas 22,32)
Vielleicht ist das mit dem Namen ja tatsächlich nicht ganz zufällig?
Ich hoffe zumindest, dass es neue Gelegenheiten geben wird, die ich nicht wieder liegenlasse, damit ich irgendwann mal mit gleicher Überzeugung wie Paulus sagen kann:
Ich schäme mich des Evangeliums nicht, ist es doch Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden. (Römer 1,16)
Bis dahin ...
Euer Pet(rus)!
Foto von David Pupaza auf unsplash
Lieber Peter, vielen Dank für deinen Beitrag der mutig und ehrlich ist und ein Phänomen beschreibt, den ich auch sehr gut aus eigener Erfahrung kenne. Mir geht es wie Claudia, dass ich Sorge habe, missverstanden oder in eine falsche Schublade gesteckt zu werden. Dabei sollte es mir doch egal sein, wenn ich mich zu Jesus bekenne und was Menschen von mir denken. Aber leider bedeutet es mir oft doch noch zuviel, was andere von mir denken, und so bin ich einerseits dankbar, dass Gott mir diese "Baustelle" durch mein fehlendes Selbstbewusstsein gezeigt hat, und ich andererseits dadurch daran arbeiten kann. Unsere Ermutigung ist, dass uns Petrus vorlebt, wie er diese Schwäche mit der Hilfe und Unterstützung Gottes überwinden konnte. Liebe…
Ja, ich glaube, wir alle kennen deine Gefühle auch. Auch ich habe bereits Gelegenheiten verstreichen lassen, zu bekennen. Zum Glück sind diese seltener geworden! Meine Entschuldigung ist immer gewesen, dass ich rhetorisch nicht so begabt bin und immer Angst hatte, nicht oder sogar falsch verstanden zu werden. Wir können nur immer wieder um neue Gelegenheiten und die dann erforderliche Kraft und die richtigen Worte beten.