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Loslassen

Immer wieder begegnet mir in den letzten Wochen und Monaten dieses „Loslasssen“. Es erscheint mir als logischer Schritt, mich damit zu beschäftigen, nachdem ich mich letztes Jahr so handlungsunfähig in verschiedenen Spannungsfeldern bewegte, die ich zum Teil schon zu neuen Übungsfeldern umbenannt habe. Jetzt registriere ich immer öfter in Zeitschriften und anderen Medien große Überschriften und weise Sprüche wie:

„Wenn du etwas loslässt, bist du ein wenig glücklicher. Wenn du viel loslässt, bist du viel glücklicher. Wenn du ganz loslässt, dann bist du frei.“ (Ajahn Chah (1918-1992), buddhistischer Mönch)

Wenn etwas aussichtslos, schwierig oder bedrückend erscheint, dann könnte das doch gut funktionieren. Blöde Angewohnheiten, negative Glaubenssätze und irgendwie alles, was einen nervt und blockiert, einfach loslassen – und fertig. Ist das wirklich so einfach? Und wie kann mir mein Glaube dabei helfen?



Eine Annäherung


Der Gedanke, dass loslassen bedeutet, etwas loszuwerden, dass Dinge verschwinden, die wir nicht haben wollen, das trifft nicht zu. So beschreibt es eine Mentaltrainerin in einer Zeitschrift*. Sie führt weiter aus, das wir dazu neigen, die Dinge auf eine bestimmte Weise haben zu wollen und dann verkeilen wir uns. Oha – erwischt! Das kann ich gut nachvollziehen.


Als Beispiel gibt sie mir ein Bild an die Hand: "Wenn wir einen Tischler beauftragen einen Kleiderschrank zu bauen, sitzen wir auch nicht die ganze Zeit daneben und sagen ihm, wo der Nagel und das Scharnier sitzen soll. Das können wir bei anderen Dingen nicht so gut, wir glauben, dieser Weg und kein anderer führt zu meinem Ziel und meinem Lebensglück. Wenn wir uns darauf versteifen und dem Leben nicht die Kreativität lassen, uns zu unserem Glück zu führen, verpassen wir oft Chancen."*


Gut, dass ich Gottes Kind sein darf! Unter seiner Obhut darf ich mich ausprobieren und Vertrauen ins Leben haben. Klappt auch nicht immer, aber dieses Vertrauen lässt es mich wenigstens immer wieder versuchen.


In der Bibel lese ich gerade die Kapitel des Markus-Evangeliums. In Markus 10,35-45 wird uns berichtet wie Johannes und Jakobus (die Söhne des Zebedäus) Jesus fragten, ob sie die Plätze links und rechts neben ihm in seinem Reiche bekommen würden. Und Jesus antwortet ihnen:

"»Ihr werdet tatsächlich so wie ich leiden und euer Leben hingeben müssen. Aber trotzdem kann ich nicht bestimmen, wer einmal die Plätze rechts und links neben mir einnehmen wird. Das hat bereits Gott entschieden.« Die anderen zehn Jünger hatten das Gespräch mit angehört und waren empört über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus alle zusammen und sagte: »Ihr wisst, wie die Großen und Mächtigen dieser Welt ihre Völker unterdrücken. Wer die Macht hat, nutzt sie rücksichtslos aus. Aber so soll es bei euch nicht sein! Im Gegenteil: Wer groß sein will, der soll den anderen dienen, und wer der Erste sein will, der soll sich allen unterordnen. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen. Er kam, um zu dienen und sein Leben als Lösegeld hinzugeben, damit viele Menschen aus der Gewalt des Bösen befreit werden.«" (Markus 10,39-45)

Die beiden haben einen Lebenstraum, ein Bild von dem, was in ihrer Vorstellung geschehen wird. Und sie möchten gerne ihren Wunsch erfüllt haben, wichtige Personen im Reich Jesu Christi zu sein. Sie fühlen sich stark und gerecht und wollen dienen. Außerdem waren sie ja ihrem Meister von Anfang an gefolgt und meinten, besonders gut zu sein.


Ein paar Verse vorher wird der reiche Jüngling beschrieben, der soviel „Gutes“ abhaken konnte und trotzdem den Weg der Nachfolge in diesem Moment nicht ergriff. Da fühlten sich Johannes und Jakobus um einiges „besser“. Und alle drei fordert Jesus auf loszulassen.


Dazu gibt es in diesem oben erwähnten Artikel eine kurze Anleitung, die ich mal aus meiner Sicht kommentieren möchte.



Mein Verhalten verstehen


Warum halte ich fest? Was ist das Gute daran? Im Falle vom reichen Jüngling und den beiden Söhnen des Zebedäus, sehe ich einen tiefen Glauben, das Anerkennen von Jesus als einen sehr wichtigen Menschen, der einen immer begleiten soll. Die drei, ich, wir wollen in seiner Nähe sein. Daran ist ja erstmal nichts Falsches. Das heißt für mich soviel wie, lasst los von euren Vorstellungen, dass das was ihr denkt, was passieren soll, bestimmt nicht so passiert, sondern hört Jesus zu und ersetzt euer Wunschdenken damit, denn:

"Ich versichere euch: Wer sich Gottes Reich nicht wie ein Kind schenken lässt, der wird ganz sicher nicht hineinkommen." (Markus 10,15)


"Wer groß sein will, der soll den anderen dienen, und wer der Erste sein will, der soll sich allen unterordnen. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen. Er kam, um zu dienen [...]" (Markus 10,44+45)
"Jesus antwortete: »Ich versichere euch: Jeder, der sein Haus, seine Geschwister, seine Eltern, seine Kinder oder seinen Besitz zurücklässt, um mir zu folgen und die rettende Botschaft von Gott weiterzusagen, der wird schon hier auf dieser Erde alles hundertfach zurückerhalten: Häuser, Geschwister, Mütter, Kinder und Besitz. All dies wird ihm – wenn auch mitten unter Verfolgungen – gehören und außerdem in der zukünftigen Welt das ewige Leben. Viele, die jetzt einen großen Namen haben, werden dann unbedeutend sein. Und andere, die heute die Letzten sind, werden dort zu den Ersten gehören." (Markus 10,29-31)


Rational arbeiten


Was machen Johannes und Jakobus mit dieser Antwort. Hängen die beiden weiter an der Vorstellung, Jesus errichtet zu Lebzeiten ein Reich und vertreibt die Römer, setzt endlich Liebe und Gerechtigkeit um? Oder macht es mehr Sinn, wenn sie auf die Verheißungen hören, wie z. B.:

„Mein Reich ist nicht von dieser Welt“ (Johannes 18,36)

Und wenn sie ganz demütig und vertrauensvoll, das geschehen lassen, was geschehen wird. Ist es nicht ein guter Grund loszulassen und zu vertrauen, dass Gott die Zukunft kennt und uns diese schenkt?



Glaubenssätze auflösen


Achtung! Hier meine ich ganz bestimmt nicht meine Glaubensüberzeugung als Christ, sondern das, was ich daraus mache. Zum Beispiel zweifle ich, ob ich „gut“ genug bin, ein Kind Gottes zu sein. Tue ich das Richtige, liebe ich meinen Nächsten und meine Feinde auch genug, muss ich alles perfekt machen, usw., usw. Fange ich an daran zu zweifeln, dass Gott mich genauso liebt, wie ich bin, mit all meinen Schwächen, dann werde ich immer wieder Bestätigungen dafür finden. Dafür, dass es nicht genug ist. Dann hilft es, diese Sätze immer wieder durch die Versprechen Gottes aufzulösen.


Also die „zweifelnde“ Botschaft meiner Glaubenssätze, die mich klein und kraftlos werden lässt, mit der „guten“ Botschaft, die Jesus zu uns Menschen bringt und die mich mit neuem Selbstwertgefühl ausstattet, ersetzen. An mir selbst merke ich, dass geht nicht von heute auf morgen. Loslassen will geübt werden, es passiert Stück für Stück, Schicht für Schicht, Muster für Muster. Und langsam stellt sich eine Dankbarkeit ein, für all das, was mir geschenkt wird.

"Der Gute Hirte Ein Lied von David. Der HERR ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen. Er weidet mich auf saftigen Wiesen und führt mich zu frischen Quellen. Er gibt mir neue Kraft. Er leitet mich auf sicheren Wegen und macht seinem Namen damit alle Ehre. Auch wenn es durch dunkle Täler geht, fürchte ich kein Unglück, denn du, HERR, bist bei mir. Dein Hirtenstab gibt mir Schutz und Trost. Du lädst mich ein und deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde. Du begrüßt mich wie ein Hausherr seinen Gast und füllst meinen Becher bis zum Rand. Deine Güte und Liebe begleiten mich Tag für Tag; in deinem Haus darf ich bleiben mein Leben lang." (Psalm 23)


Eine gesegnete Woche wünscht euch


Ulrike



Die Bibelzitate sind der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.


Alle Bilder aus Pixabay - kostenlose Bilder


* Reformhaus® Monatszeitschrift - Ausgabe Februar 2023 - "Loslassen! Gern - Aber wie? Und warum eigentlich? - Autorin Karin Stahlhut

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