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Hiobs - Botschaften

Vor ungefähr zwei Wochen war ich zum ersten Mal live bei einem Poetry - Slam dabei. Gespannt und aufmerksam verfolgte ich die vorgetragenen Texte. Wortgewaltig, mal laut, mal leise, oft mit viel Humor, verstanden es die Vortragenden das Publikum zu fesseln. Eigentlich war immer etwas zum Nachdenken dabei. Die Themen waren persönlich und global. Eine Slamerin mit afghanischen Wurzeln, die sich über ihre verlorene Heimat und die Rechte der dort lebenden Frauen äußerte, eine Mutter, die ihren Töchtern lauter gute Ratschläge und Warnungen für ihr Leben mitgab, ein junger Mann, der über sein Verhältnis zu seinem verstorbenen Opa reimte und schließlich der Gewinner, der mit einem eindeutigen Appell, aus Sicht eines Knöterichs (= invasives Gewächs, das einheimische Pflanzen verdrängt), an die Stadtplaner dieser Welt punktete. Klimawandel, Umweltschutz, Menschenrechte beherrschten die Vorträge, aber auch die kleinen ganz persönlichen Dinge kamen nicht zu kurz.

Nach soviel Input wollte ich geradeheraus auch was schreiben. Es brannte mir förmlich auf der Seele und in den Fingern. Leider musste ich sehr bald feststellen, das ist ja gar nicht so einfach – Respekt und meine Hochachtung für die Menschen, die sich dann auch noch mit ihren Texten in die Öffentlichkeit wagen. Deshalb gibt es – sorry – heute keinen Poetry-Slam-Text von mir.


Das, was davon bleibt, könnt ihr nachfolgend lesen.

Ich weiß von vielen Menschen, die keine Nachrichten mehr im Fernsehen oder Radio sehen und hören. Und die sich anders oder gar nicht informieren, was gerade so in der Welt los ist. Ich gehöre nicht dazu, deshalb fällt mir gerade in den letzten Wochen wieder mal besonders auf, wie Leid und Tod, Flucht und Krieg, Zerstörung und Untergang, so scheinbar mühelos auf das freundliche:

„Einen schönen guten Morgen, meine Damen und Herren,….“ folgt.


Kaum zu fassen, was da in den letzten Wochen so alles zusammenkam. Erst die Rekordhitze , die die Menschen lähmte und schwer atmen ließ. Dann Regenmengen, die Griechenland noch nie gesehen hat. Das Bild von dem verzweifelten Bürgermeister, der im strömenden Regen, im Wasser watend, persönlich die Menschen auf den Straßen seiner Stadt nach Hause schickte. Die Welt schien unterzugehen.

Marokko, ein starkes Erdbeben erschüttert das Land, von dem wir so wenig wissen. Im Atlas–Gebirge (bis zu 4000 m hoch) leben Menschen in Dörfern, zu denen, wegen verschütteter Straßen, keine Hilfe kommt. Alles weg, Menschen unter Trümmern. Der Staat nimmt und fordert nur Hilfe von „befreundeten“ Staaten an, was offensichtlich zu wenig ist.

Libyen, in meiner Vorstellung eine riesige Wüste. Dass es dort Staudämme gibt, hab ich nicht gewusst. Viele Dinge sieht man erst, wenn sie bedroht oder zerstört sind. Hier trifft es ein Land mit unklaren Machtverhältnissen und einen Damm, auf den nicht geachtet wurde, der bricht und eine ganze Stadt zerstört.

Und immer wieder Zahlen. Erst geschätzte, vermutete, dann bestätigte Opferzahlen. Tausende…. Und Tausende die trauern, weinen, verzweifeln und alles verloren haben. Eine Hiobsbotschaft nach der anderen.


Auch Hiob hat alles verloren, Besitz, Familie, Gesundheit. Und für mich immer wieder faszinierend, wie im Buch Hiob über den Umgang mit Leid und Verlust geschrieben wurde. Offensichtlich ging es Hiob sehr schlecht und er klagte. Seine drei Freunde, so lesen wir, besuchten ihn, erkannten ihn kaum wieder und versuchten ihn davon zu überzeugen, wenn der nur genug Reue zeigen würde und Buße üben würde, dann würde sich seine Lage sicherlich verbessern. Krank und elend saß er vor seinen Freunden, die nur das Beste für ihn wollten und eine Erklärung für diesen Absturz suchten. Dieser „Wenn es dir schlecht geht, dann denk mal drüber nach, was du falsch machst in deinem Leben“- Rückschluss, den gibt es auch heute noch. Wenn ich den höre, krampft sich bei mir alles zusammen. Und Hiob ging gegen diesen Gedanken an. Hiob ist sich keiner Schuld bewusst. Das wird auch noch durch den Dialog Gottes mit den Gottessöhnen und einem Widersacher deutlich. Auch Gott findet nichts Schlechtes an Hiob.

Der HERR erwiderte: »Dann ist dir sicher auch mein Diener Hiob aufgefallen. Ich kenne keinen Zweiten auf der Erde, der so rechtschaffen und aufrichtig ist wie er, der mich achtet und sich nichts zuschulden kommen lässt.« (Hiob 1,8)

Hiob ist ein rechtschaffener Mann! Und ein gläubiger, denn er tritt in Dialog mit Gott. Er zeigt ihm seine Verzweiflung, klagt ihn an, ist wütend und ärgerlich.

Ja, ich bin unschuldig! Aber es ist mir völlig gleichgültig, so sehr hasse ich mein Leben! Es ist alles einerlei; deshalb sage ich: Egal ob du gottlos bist oder fromm – er bringt dich doch um! Und wenn sein Schlag plötzlich Unschuldige trifft, dann spottet er noch über ihren Schmerz! Fällt ein Land Tyrannen in die Hände und werden alle Richter blind für das Recht, so hat Gott das getan! Wenn nicht er – wer sonst? Meine Jahre sind vorbeigeeilt, schneller als ein Läufer, verschwunden sind sie ohne eine Spur von Glück. Sie gleiten dahin, geschwind wie ein Boot, sie fliegen rascher als ein Adler, der sich auf die Beute stürzt. Wenn ich mir sage: Jetzt will ich mein Klagen vergessen, will glücklich sein und mich freuen, dann packt mich doch die Angst, dass meine Schmerzen wiederkommen. O Gott, ich weiß es: Du hältst mich für schuldig! Ich bin ja schon verurteilt – wozu soll ich mich noch abmühen? Wenn ich meine Hände mit Schneewasser wüsche oder mit Lauge reinigte, als Zeichen meiner Unschuld, dann würdest du mich doch in eine Jauchegrube tauchen, dass sich selbst meine Kleider vor mir ekelten! Wärst du ein Mensch wie ich, dann könnte ich dir antworten! Wir würden beide vor Gericht gehen, damit der Streit entschieden wird. Aber es gibt keinen, der zwischen dir und mir entscheidet und für Recht sorgt. Hör auf, mich zu bestrafen! Halte deine Schrecken von mir fern! ( Hiob 9, 21-34)

Hiob blieb seinem Gott dennoch treu. Er erkannte die Grenzen seiner menschlichen Erkenntnis und überließ sich ganz und gar Gottes Fürsorge. Er sah Gottes Größe in seiner Schöpfung und schließlich ist er ja auch von Gott geschaffen.

Da antwortete Hiob: »Herr, ich erkenne, dass du alles zu tun vermagst; nichts und niemand kann deinen Plan vereiteln. Du hast gefragt: ›Wer bist du, dass du meine Weisheit anzweifelst mit Worten ohne Verstand?‹ Ja, es ist wahr: Ich habe von Dingen geredet, die ich nicht begreife, sie sind zu hoch für mich und übersteigen meinen Verstand. Du hast gesagt: ›Hör mir zu, jetzt rede ich, ich will dich fragen, und du sollst mir antworten!‹ Herr, ich kannte dich nur vom Hörensagen, jetzt aber habe ich dich mit eigenen Augen gesehen! Darum widerrufe ich meine Worte, ich bereue in Staub und Asche!« (Hiob 42, 1-6)

Zu Hiobs – Botschaften gehören für mich nicht nur die vielen schlechten, traurigen und verzweifelten Nachrichten, sondern auch die Auseinandersetzung damit. Erstmal mit sich selbst. Und die Erkenntnis, auch wenn ich wütend und ärgerlich bin, kann und darf ich Gott mein Leid klagen. Es ist nichts Falsches daran wütend zu Gott zu kommen, ärgerlich und anklagend. Hiob macht es vor! Ich kann und darf ihn alles fragen. Habe ich ihm dann alles gesagt, stellt sich, wie bei Hiob, eine heilende Erkenntnis ein.

Meine Erkenntnis ist begrenzt:


Er allein hat den Himmel ausgebreitet, ist über die Wogen der Meere geschritten. Den Großen Wagen hat er geschaffen, den Orion, das Siebengestirn und auch die Sternbilder des Südens. Er vollbringt gewaltige Taten; unzählbar sind seine Wunder, kein Mensch kann sie begreifen! (Hiob 9,8-10)

Gott ist so viel mehr:

Knüpfst du die Bänder des Siebengestirns, kannst du den Gürtel des Orion öffnen? Lässt du die Sternbilder erscheinen, je nach Jahreszeit, bringst du den Großen und den Kleinen Wagen herauf? Hast du die Gesetze des Himmels entdeckt, und kannst du sie auf die Erde übertragen? (Hiob 38,31-33)

Immer wieder bin ich von all dem menschlichen Leid erschüttert, von all den furchtbaren, traurigen Nachrichten, dass ich mir so sehr wünsche, dass die guten Nachrichten wahrgenommen werden. Die guten Nachrichten von einem allmächtigen Gott, der uns auch im Leid versteht. Der uns Menschen begleitet und durch seinen Sohn Jesus Christus eine wunderbare Aussicht auf eine intakte und gerechte Zukunft schenkt.


„Einen schönen guten Morgen zusammen – und jetzt die guten Nachrichten,…!“

Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine schützende Hand über mich. (Psalm 139,5)

Eure Ulrike


Ãœbrigens, eine gute Zusammenfassung des Buches Hiobs findet ihr hier


Die Bibelzitate sind der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.


Bildquelle: pixabay von EvgeniT

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