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  • AutorenbildFreya

Gesegnet

Aktualisiert: 3. Mai 2020

Es ist ein grauer, verregneter Novembertag. Einer von diesen Tagen, der schon durch das Wetter demotiviert. Ich bin auf dem Weg nach Hause mit dem Bus, um meine Mittagspause dort zu verbringen (das mache ich manchmal, wenn noch viel Zeit zwischen zwei Terminen ist).


Im Bus beobachte ich meistens die Menschen, ihr Verhalten und ihre Interaktion miteinander. Heute kommen mir die Menschen besonders ungeduldig vor. Viele haben es eilig "von A nach B" zu kommen und achten wenig aufeinander. Vielleicht liegt es am Wetter oder der bevorstehenden, oft stressigen, Weihnachtszeit. Ich merke, wie auch ich zunehmend angespannter werde und versuche mich von der schlechten Stimmung abzugrenzen und an etwas Positives zu denken. Gar nicht so einfach …


Denn … … gerade ist auch noch Schulschluss und der Bus füllt sich schnell. Es wird immer lauter und voller. Zunehmend wird es schwieriger an den Haltestellen ein- und auszusteigen. Im Bus befinden sich jetzt hauptsächlich Schulkinder unterschiedlichen Alters, Mütter mit Kindern und Kinderwagen und ältere Herrschaften, teilweise mit Rollatoren. Je mehr sich der Bus füllt, desto angespannter wird die Stimmung. Im Endeffekt ist jeder von jedem genervt:


Die Senior*Innen von lauten Kindern, schreienden Babys, von im Weg stehenden Rollatoren und Kinderwagen, die sie am Ein- und Aussteigen hindern und Schultaschen, die in jeder Kurve unsanft gegen ihren Kopf stoßen.


Die Mütter von ihren eigenen quengelnden Kindern und den Älteren, die sich bei ihnen über die schreienden Kleinkinder beschweren.


Die Kinder, weil sie in ihrer Bewegung eingeschränkt sind, keinen Sitzplatz finden, nicht neben ihren Freunden sitzen können und von Erwachsenen (teilweise unschön) gebeten werden ruhig zu sein …


… ein Teufelskreis.


Eine Mutter fällt mir in dem ganzen Durcheinander ganz besonders auf. Sie sieht etwas müde aus, hat ein Kleinkind im Kinderwagen und Einkäufe dabei. Sehr, sehr viele Einkaufstaschen. Ich frage mich, wie sie die vollen Taschen plus Kinderwagen ganz allein in den Bus bekommen hat.


Ihre Tochter ist ungefähr 1,5 Jahre alt und jammert vor sich hin. Mal lauter, mal leiser. Irgendetwas bereitet ihr Unbehagen. Hat sie Hunger oder Durst? Ist ihr zu warm oder zu kalt? Ist es ihr zu laut oder ist sie müde? Vielleicht ist es auch die Reizüberflutung durch die vielen anderen Menschen?


Die Mutter versucht alles, um ihr Bedürfnis herauszufinden und sie zu beruhigen. Vergeblich. Die Älteren werfen ihr schon ungeduldige, genervte Blicke zu. Manche beschweren sich sogar oder machen abfällige Bemerkungen:


„Beruhigen Sie ihr Kind endlich!“

„Das ist ja nicht auszuhalten!“

„Völlig schlecht erzogen!.


Ich bemerke wie ich langsam wütend werde, darüber, dass diese Frau so behandelt wird. Gleichzeitig bewundere ich sie dafür, dass sie trotz dieser negativen Bemerkungen so geduldig und stark wirkt. Wie es wohl innerlich in ihr aussieht?


An der vorletzten Haltestelle angekommen, ist der Bus fast wieder leer. Nur die geduldige Mutter mit Kleinkind und ihren Einkäufen, zwei bis drei andere Menschen und ich sind noch im Bus.

Es ist absehbar, dass ich an der Endhaltestelle mit ihr plus Kind und Einkäufen aussteige. Mir kommt der Gedanke, ob ich ihr helfen soll die Einkäufe aus dem Bus zu tragen. In diesem Moment hält der Bus. Ohne viel darüber nachzudenken, lasse ich mich von dem Gedanken leiten. Dann habe ich auch schon die eine schwere Tasche in der Hand. Die Mutter ist damit beschäftigt, erst mal den Kinderwagen plus schreiendes Kind aus dem Bus zu hieven.

Als sie meine Hilfe bemerkt, lächelt sie. Ich lächle zurück. Sie guckt sehr erleichtert und dankbar und spricht zu mir:




Thank you so much. God bless you!“




„Gott segne dich!“ …


… Das hat schon lange keiner mehr zu mir gesagt. Eigentlich sehe ich den Satz nur in geschriebener Form, meistens auf Geburtstagskarten, und dann nehme ich diesen auch nur beiläufig wahr.



Aber heute erfüllen mich diese Worte mit neuer Lebensenergie. In diesem Moment spüre ich Gottes Anwesenheit sehr stark. Ich fühle mich plötzlich stark, befreit und dankbar. Jegliche Anspannung, Ungerechtigkeitsgefühle und Müdigkeit fallen von mir ab. Ich erinnere mich daran, dass Gott mich jeden Tag segnet. Nicht nur mit Lebensmitteln und materiellen Dingen, sondern vor allem durch Jesus Christus, Gottes Sohn, der mich als Freund und Helfer durch mein Leben begleitet.

„Der HERR segne [auch] dich und behüte dich! Der HERR lasse sein Angesicht über dir leuchten und sei dir gnädig! Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden!“ (4. Mose 6, 24-26)

Amen.

Eure Freya

Rise up and shine!






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