"Einfach zu abgelenkt"
- Ulrike
- 30. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Ich fahre abends nach getaner Arbeit nach Hause und höre meinen Lieblingsradiosender. Um diese Zeit gibt es jeden Abend interessante Gäste in der „Gesprächszeit“. Heute ist meine Lieblings-Singer-Songwriterin aus Berlin zu Gast: Dota Kehr. Die Moderatorin stellt Fragen über alte und neue Lieder und dies und das.
Ich schweife mit meinen Gedanken ab. Was muss ich noch zu Hause erledigen, gibt es was Leckeres zu Essen… ich hab einen Bärenhunger.
Die Kundin vorhin war ja wirklich seltsam drauf, hab ich übergriffig reagiert? Was muss ich meinen Kolleginnen morgen unbedingt mitteilen, meine Personalchefin muss ich dringend anrufen, ich mag Telefonate nicht, bei denen ich meine Bedürfnisse vertreten muss. Geht das gut? Wann hab ich nochmal frei diese Woche, ach ja, im Garten schießt das Unkraut… und wann hab ich das letzte mal Fenster geputzt, nicht wahr….
In diesem wilden Durcheinander erreichen mich die ersten Sätze eines Liedes von Dota . Aus dem Autoradio direkt in meinen Kopf:
... Zum Lesen von literarischen Werken
Oder um dir zuzuhör'n
Um meine eigene Erschöpfung zu bemerken
Oder einfach, damit man mal was zu Ende denkt
Dafür bin ich einfach zu abgelenkt
Zu einfach abgelenkt ...
Oh, ich fühle mich erwischt! Offensichtlich bin ich nicht die einzige auf der Welt, deren Gedankenkarussell sich so anfühlt, wie Dota das in „Einfach zu abgelenkt“ beschreibt.
Zu abgelenkt für die Presseschau
Zu abgelenkt für den Klassenkampf
Zu abgelenkt für ein Gedicht
Wo ich nicht scrollen kann, langweil' ich mich
Wir streben nach maximaler Zerstreuung
Wie die Natur zum Chaos drängt
Immer ein neues Licht, das die Motten fängt
Einfach zu abgelenkt
Zu einfach abgelenkt
Einfach zu ab—, einfach zu abgelenkt
In süßer Hypnose, Gedanken schwirr'n lose
Wie Fruchtfliegen um mich her
Ich dreh' den Kopf, ich fang' sie nicht
In Bildschirmnarkose, ich spür' gar nichts mehr
Und fliege direkt ins Licht
Genauso geht es mir gerade. Bücher fange ich erst gar nicht an zu lesen, ganz zu schweigen von täglichem Bibellesen. Nachrichtensendungen scheinen gerade wichtiger, nur Sicherheit und Ruhe vermitteln die mir nicht! Mehr oder weniger alles scheint festgefahren und ich realisiere, so soll das für mich nicht weitergehen.
Dotas letzte Worte in ihrem Song:
Komm, wir begehr'n auf
Durch innere Sammlung, ich will die Verwandlung
In spielende Kinder mit forschendem Eifer
Verspielt und nicht zerstreut
Als wir uns alle Zeit der Welt geschenkt
Hörst du noch zu oder ist das Lied jetzt zu lang?
Könnten nicht treffender sein! Vielleicht geht es dir in dieser „verrückten“ Welt ja genauso. Ich starte also nach dieser Erkenntnis einen Versuch mich zu fokussieren.
Auf was eigentlich? Eine Postkarte, die schon lange auf unserer Anrichte steht weist mir den Weg FOCUS ON GOD steht da in schönen geschwungenen Buchstaben.
Gut, ich versuch das mal. Was sehe ich, wenn ich meinen Fokus auf Gott lege? Was ist das zwischen uns? Es dämmert mir… die Beziehung zu Gott braucht eine Auffrischung! Und wie? Aus Erfahrung weiß ich, dass ich das erfolgreich mit Beten, Stille („innere Sammlung“) und Bibel aufschlagen und lesen schaffe.

Mit diesem Blog geht´s los. Und wenn du dich in einer ähnlichen Verfassung siehst, dann lass uns gemeinsam loslegen und unsere Beziehung zu Gott auffrischen und festigen. Vielleicht hast du ganz andere Tools, laute Lobpreismusik, eine Staffel von „The Chosen“ anschauen, sich mit Freunden treffen, mal wieder zusammen Bibellesen, oder ... oder ... oder ...
Und was soll ich sagen, die Bibel ist voll von Menschen, die sich wünschen, dass sie eine gute und belastbare Beziehung zu Gott haben, so dass ein Geben und Nehmen entsteht.
In Psalm 90 lese ich von Moses Gedanken über die Kürze unseres Lebens und den Wunsch, mit Gottes Hilfe diese Lebenszeit sinnvoll zu gestalten. David schreibt einen Wallfahrtspsalm für alle die hinauf nach Jerusalem ziehen um den HERRN anzubeten, also nichts anderes als sich zu ihm hinzuwenden. Überschrift in meiner Bibel: „Das Geheimnis der Zufriedenheit“ (Psalm 131) und der Prophet Jesaja sagt:
Den Erschöpften gibt er neue Kraft, und die Schwachen macht er stark. Selbst junge Menschen ermüden und werden kraftlos, starke Männer stolpern und brechen zusammen. Aber alle, die ihre Hoffnung auf den HERRN setzen, bekommen neue Kraft. Sie sind wie Adler, denen mächtige Schwingen wachsen. Sie gehen und werden nicht müde, sie laufen und sind nicht erschöpft. (Jesaja 40, 29-31)
Dass ermutigt mich sehr! Und wie ein kleines Wunder, fällt mir ein Gebet in die Hand, das ich hier mit euch teilen möchte. Es stammt von Antoine de Saint-Exupéry, dem Autor von „Der kleine Prinz“
Die Kunst der kleinen Schritte
Ich bitte nicht um Wunder und Visionen, Herr,
sondern um die Kraft für den Alltag
Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte
Mach mich sicher in der rechten Zeiteinteilung
Schenk’ mir das Fingerspitzengefühl, um herauszufinden,
was erstrangig und was zweitrangig ist
Schenk’ mir die nüchterne Erkenntnis,
dass Schwierigkeiten, Niederlagen, Misserfolge, Rückschläge eine selbstverständliche Zugabe zum Leben sind,
durch die wir wachsen und reifen
Bewahre mich vor dem naiven Glauben, es müsste im Leben alles glatt gehen
Erinn’re mich daran,
dass das Herz oft gegen den Verstand streikt
Schick’ mir im rechten Augenblick jemanden,
der den Mut hat,
die Wahrheit in Liebe zu sagen
Du weißt,
wie sehr wir der Freundschaft bedürfen
Gib dass ich diesem schönsten, schwierigsten, riskantesten
und zartesten Geschenk des Lebens gewachsen bin
Verleihe mir die nötige Phantasie,
im rechten Augenblick ein Päckchen Güte
mit oder ohne Worte an der richtigen Stelle abzugeben
Bewahre mich vor der Angst,
Ich könnte das Leben versäumen
Gib mir nicht, was ich mir wünsche,
sondern das, was ich brauche
Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte
Amen!
Ich wünsche eure eine gesegnete neue Woche mit vielen „Fokusmomenten“.
Eure Ulrike
Die Bibelzitate sind, wenn nicht anders vermerkt, der Übersetzung Hoffnung für alle® entnommen, Copyright © 1983, 1996, 2002, 2015 by Biblica. Inc.® Verwendet mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers Fontis-Verlag Basel.
„Einfach zu abgelenkt“ von Dota Kehr auf youtube:
Hallo Ulrike, vielen Dank für deine Gedanken und Ermutigung. Sich jeden Tag von Neuem auf Gott zu fokussieren erlebe ich auch als eine echte Herausforderung. Es ist aber tröstlich hier zu lesen, dass wir alle im gleichen Boot sitzen, und das finde ich motivierend, weil es ja so, wenn wir darüber reden oder schreiben, nur noch besser werden kann, und das ist doch tatsächlich zuversichtlich.
Hallo Ulrike!
Vielen Dank für Deine so sehr zutreffende Beschreibung des ständig abgelenkt seins.
Mir geht das, was Du beschreibst auch oft so, selbst beim Beten.
Ich fange sehr konzentriert an und merke sehr schnell, dass ich anfange, an alles mögliche zu denken. Das ärgert mich dann maßlos!
Ich frage mich, ob das wohl an der allgemeinen Reizüberflutung liegt, der wir inzwischen alle jeden Tag ausgesetzt sind? Können wir uns tatsächlich nicht mehr konsequent auf eine Sache konzentrieren? Zumindest kann ich dich insofern beruhigen, dass das offensichtlich nichts mit zu viel Stress im Job zu tun hat. Mir geht's auch ganz ohne Stress und Job genau so!