top of page
AutorenbildDaniel

(Duft-)Kreationen

Wenn ihr eine Duftnote wärt, welche wärt ihr? Süße Vanille, spritzige Bergamotte, rauchige Zeder, wohliges Sandelholz, pudrige Iris, kräftiger Moschus, frisch-männliches Ambroxan, erdig-mildes Iso E Super? Vermutlich haben viele von den letzten beiden genannten Noten noch nie gehört, auch wenn ihr sie mit großer Wahrscheinlichkeit schon einmal gerochen habt – genau so ging es mir auch bis vor kurzem.


Irgendwann in der Langeweile des Lockdowns – ich weiß selbst nicht mehr genau wann – hat sich das geändert. Die lange Zeit der Isolation in den eigenen vier Wänden hat für so manchen neue und vielleicht unerwartete Hobbys hervorgebracht. Bei mir war es ein plötzliches Interesse für Parfüm.


Es fühlt sich ehrlich gesagt ein bisschen an wie ein „guilty pleasure“. Ich habe schon den ein oder anderen verdutzt fragenden Blick erhalten, wenn ich an Bekannten einen Duft erkannt habe und das aus Versehen laut ausgesprochen habe; oder wenn ich mit Kumpels in der Stadt war und lieber bei Douglas als bei MediaMarkt vorbeischauen wollte; oder wenn Besucher auf meine inzwischen recht ausgedehnte Sammlung an unterschiedlich vollen Flakons im Bad gestoßen sind. Es ist schon ein ziemliches Nischen-Interesse, aber ich weiß inzwischen nicht mehr, warum ich so viele Jahre kaum Interesse an Düften hatte. Es ist eine faszinierende Welt!


Zum Glück habe ich es über die letzten Jahre geschafft, ein paar Familienmitglieder mit meinem eigenartigen Hobby anzustecken, allen voran meinen Vater. Der besitzt inzwischen nicht nur selbst eine kleine Sammlung exquisiter Nischen-Düfte, sondern auch einen kleinen Holzkoffer mit diversen Duftölen, „damit man die ganzen Komponenten mal einzeln riechen kann“. Und diesen Koffer hat er auf mein Bitten hin mit im Gepäck gehabt, als wir die letzten zwei Wochen zusammen im Familienurlaub waren. Während er ein eher wissenschaftlich-theoretisches Interesse an den Parfümölen hat, bin ich eher der Typ Ausprobieren.


Long story short: Ich habe letzte Woche einen eigenen Duft gemischt. Und da ich Urlaub hatte und viel Zeit über dies und das nachzudenken, sind mir einige interessante Parallel zwischen meinem Glauben und meinem selbst gemischten Parfüm aufgefallen. Was für ein praktischer Zufall, wenn zwei Lieblingsthemen so zusammenfallen! Endlich eine gute Ausrede, über beides zu sprechen 😉


Zutaten


Als ich mich voller Vorfreude letzte Woche hinsetzte, um meinen ganz eigenen Duft zu kreieren, war die erste Herausforderung, aus den etwa zwei Dutzend Parfümölfläschchen die Noten herauszupicken, die ich in meinem Duft haben wollte. Zum Glück war meine Auswahl noch recht begrenzt – ein richtiger Parfümeur hat die Qual der Wahl zwischen tausenden einzelner Duftkomponenten.


Ein Großteil der Verfügbaren Duftnoten entstammt ursprünglich der Natur (auch wenn viele davon heute synthetisch nachgeahmt werden können). Schon seit hunderten von Jahren besitzen Menschen das Wissen, wie man den Duft verschiedenster Blumen, Hölzer oder auch tierischer Stoffe extrahieren und konservieren kann. Dabei fanden sich im Laufe der Zeit neben sehr bekannten Substanzen wie z.B. dem Öl aus Rosenblättern auch unerwartete Duftnoten wie Ambra, welches man ursprünglich aus einer wachsartigen Masse gewonnen hat, die sich im Verdauungstrakt von Pottwalen finden lässt.



Ob aus Flora oder Fauna – die abertausenden altbewährten Duftnoten entstammen der Natur, so wie Gott sie geschaffen hat. Hier musste ich bereits einen Moment inne halten und feststellen: Ist es nicht erstaunlich, wie unglaublich vielfältig Düfte sein können? Veilchen, Orangeblüten, Zedernholz, Vanille, Zimt, Ingwer – all diese Gerüche sind einzigartig. Und das ist offenbar gewollt. Gott hätte die Welt unendlich viel monotoner schaffen können. Er hatte es in der Hand. Aber er hat sich dafür entschieden, uns in einer schier unendlichen Vielfalt an einzigartigen Düften leben zu lassen. Und die Vielfalt von Gottes Schöpfung hört nicht bei Düften auf. Habt ihr die Frage vom Anfang für euch beantwortet? Auch dabei sollten die Antworten sehr vielfältig ausfallen – weil wir alle ebenso vielfältig geschaffen sind. Das wird später noch relevant.


Nun könnte jemand einwenden, dass es trotzdem eine endliche Zahl verschiedener Düfte gibt. Zitronen riechen zwar anders als Moos, aber beide für sich doch immer irgendwie gleich. Ebenso könnte jemand meinen, als Person nicht besonders einzigartig zu sein: vielleicht habt ihr braune Haare, helle Haut, zwei Ohren, zwei Augen, seid humorvoll, esst lieber Pizza als Pommes – von dieser Sorte gibt es sicherlich viele. Aber jeden einzelnen von uns gibt es genau so, wie wir sind, trotzdem nur ein einziges Mal.


Und tatsächlich sind auch keine zwei Zitronenbäume oder Moosstücke genau identisch. Das geht sogar so weit, dass diejenigen Parfümhäuser, die immer noch vorwiegend auf natürliche Inhaltsstoffe setzen, sich oft mit der Kritik konfrontiert sehen, deutliche Schwankungen zwischen verschiedenen Chargen desselben Dufts zu haben. Wenn man den Herstellern glaubt, lässt sich dies aber genau deshalb nicht komplett vermeiden, weil auch keine zwei Lieferungen an Rosenblüten, Sandelholz oder Kardamom genau gleich sind.


Viele Parfumeure setzen daher für im großen Stil produzierte Düfte auf synthetische Duftkomponenten. Hier handelt es sich um chemisch erzeugte Moleküle, die sehr gut reproduzierbar sind. Das macht es deutlich einfacher (obgleich nicht unbedingt günstiger), Charge für Charge den exakt gleichen Duft zu fabrizieren. So lässt sich mit Mitteln der Chemie die Massenproduktion deutlich einfacher gestalten. Weniger Varianz, weniger Probleme. Das ist nachvollziehbar.


Alles in der Natur hingegen ist einzigartig und wir sind es ebenso. Und nun die Frage: Warum ist das so? Warum die Mühe investieren? Gott hätte uns alle gleich machen können, einfach zu handhaben und mit dem immer gleichen Ergebnis. Das hat er aber nicht. Stattdessen hat er uns in eine Welt gesetzt, in der es eine unbeschreibliche Vielfalt an Menschen, Tieren und Pflanzen gibt, die uns ständig Neues entdecken lässt und die trotz ihrer Unterschiedlichkeit als Ganzes funktioniert. Wäre das mit Flora und Fauna „von der Stange“ nicht einfacher gewesen?


Komposition


Unterschiedliches, das zusammen funktioniert – damit sind wir wieder beim Parfüm. Denn so schön, aufregend und faszinierend alle einzelnen Komponenten für sich bereits riechen können, liegt der besondere Reiz der Parfümherstellung natürlich darin, sie zu immer neuen, kreativen Kompositionen zu kombinieren. Kennen wir das irgendwoher? Viele unterschiedliche Einzelteile, die zusammen ein interessantes Ganzes ergeben? Ich musste dabei an meine Gemeinde denken.


Vielleicht sind einige von uns Typ Tuberose, andere Vetiver, wieder andere Leder oder Jasmin oder Rhabarber. Alle sind für sich genommen schon bemerkenswert, aber wirklich interessant wird es erst, wenn wir zu einer neuen Komposition zusammenwachsen. Und Kompositionen gibt es viele: Wenn wir in dem Bild des Parfüms bleiben, dann gibt es auf der Welt vermutlich keine zwei christlichen Gemeinden, die den gleichen Duft ergeben. Einige ergeben vielleicht einen sehr holzig, ledrigen, maskulinen Duft für die kalte Jahreszeit, andere einen frischen, blumigen, weiblichen Sommerduft.


Dann wiederum gibt es Gruppen von Parfüms und auch von Gemeinden: orientalisch, zitrisch, aquatisch, usw. Düfte in diesen Gruppen riechen alle in gewisser Weise ähnlich, aber auch in jeder Gruppe gibt es wiederum enorme Vielfalt. Wenn wir davon ausgehen, dass keine zwei Menschen auf der Welt gleich sind, dann ist es praktisch unmöglich, dass sich an zwei Orten auf der Welt derselbe „Gemeindeduft“ findet. Ist das so gewollt?


Reifung


Und dann gibt es noch ein Phänomen, welches in mir gerade in diesem Moment eine gewisse Ungeduld auslöst. Ich weiß nämlich immer noch nicht, wie mein selbst gemischter Duft final riecht. Das werde ich erst in ca. 2 Wochen erfahren. Gibt man die verschiedenen Parfümöle zusammen, dann bildet sich zwar direkt ein ganz bestimmter Duft, der einen Mix aller Einzelteile darstellt, dieser Duft ist aber zum Zeitpunkt des Zusammenfügens noch nicht „fertig“.


Mit der Zeit reagieren die einzelnen Komponenten miteinander und bilden erst so eine wirkliche Einheit. Ich werde also noch 2 Wochen warten müssen, um wirklich zu wissen, was ich da zusammengemixt habe. Ich bin schon sehr neugierig! In der Zwischenzeit ist es spannend, immer mal wieder zu schnuppern und zu schauen, wie sich der Duft verändert. Am Ende werde ich immer noch dieselben Duftkomponenten herausriechen können, aber – so sagt es die Literatur – der Duft wird zu einer neuen Einheit werden, statt nur die Summe seiner Einzelteile „nebeneinander“ zu beinhalten.


Und auch hier muss ich wieder an meine Gemeinde denken und gleichzeitig an alle Gemeinden weltweit, welcher Duftrichtung sie auch immer angehören mögen. Ist es nicht auch in diesem Kontext so, dass dieselben „Zutaten“ nach einem, fünf oder zwanzig Jahren nicht mehr den gleichen Duft versprühen, den man vernehmen konnte, als sie frisch zusammengefügt wurden? Und nicht nur das: Über die Jahre bleibt die Rezeptur eines „Gemeindedufts“ in der Regel nicht gleich, sondern sie wird immer wieder durch neue Komponenten erweitert, verfeinert oder modernisiert. Leider fallen auch manchmal Zutaten weg. Auch das geschieht in der Welt des Parfüms übrigens tagtäglich, selbst mit Düften, die schon Jahrzehnte auf dem Markt sind – mal mehr, mal weniger zur Freude der treuen Käufer.


Gott als Parfümeur und Sammler


Wie es immer so ist, spiegelt sich mein Interesse an Düften inzwischen auch deutlich in meiner Social Media Bubble wider. Bei YouTube werden mir die neuesten Videos meiner Lieblings-Parfüm-Influencer angezeigt (und nein, Jeremy Fragrance taucht zum Glück fast gar nicht mehr auf 😉) und ich lese gerne immer wieder neue, kreative Rezensionen von Düften, z.B. auf parfumo.de.


Wenn man sich im Netz mit Parfüm beschäftigt, dann ist immer mal wieder die Rede vom sogenannten „signature scent“, also einem Duft, den man besonders gern und oft trägt und den andere auch mit einem verbinden. Selbst etablierte Influencer, die mehrere hundert verschiedene Düfte besitzen, haben meist ein oder zwei dieser signature scents, zu denen sie immer wieder greifen.


Was ich bemerkenswert finde: Gott scheint keinen zu haben. Von allen Duftkompositionen, mit denen er sich umgibt (seine Gemeinden), gibt es keine zwei, die genau gleich riechen. Das ist nochmal umso erstaunlicher, wenn wir bedenken, dass Gott diese Düfte ja nicht nur bildlich gesprochen im Schrank hat, sondern eigentlich sogar der Parfümeur hinter jedem einzelnen ist. Natürlich gibt es Duftnoten, die Gott präferiert. Eine Note, die in jedem seiner Düfte enthalten sein muss, ist z.B. die Liebe. Aber diese essenziellen Noten lassen immer noch eine derartige Vielfalt von Düften entstehen, dass ich nur staunen kann.


Kein Fazit


Damit bin ich auch schon am Ende meines kleinen Vergleichs für heute. Ich hoffe in euren Köpfen schwirren jetzt ähnlich viele Gedanken, wie in meinem. Falls ihr nicht noch mal hochscrollen wollt, hier eine List von Fragen, die sich beim Weiterdenken ergeben könnten:


  • Warum benutzt Gott für seine Gemeinde-Duft-Kollektion lieber variierende natürliche Duftöle als gleichbleibende und einfach handhabbare synthetische Moleküle? Hat er so nicht selbst dafür gesorgt, dass er nicht zweimal den exakt selben Duft herstellen kann?

  • Welche sind die Duftkomponenten, die Gott in jeder seiner Kreationen verwendet oder riechen möchte?

  • Kann man als Experte erkennen, welche Duftkreationen von Gott stammen und welche nicht?

  • Hat Gott tatsächlich lieber eine umfassende Sammlung an Düften, als den einen Duft für jeden Anlass?

  • Führt der Reifeprozess der vielfältigen „Gemeinde-Düfte“ dazu, dass sie am Ende alle gleich riechen werden, oder möchte Gott die Vielfalt auch nach Abschluss der Reifung beibehalten?


Ich möchte diese (und weitere Fragen) für heute einfach mal so stehen lassen. Es ist denke ich einiges dabei, worüber es sich nachzudenken lohnt. Wenn ihr interessante Ideen und Gedanken dazu habt, dann schreibt sie gerne in die Kommentare 😊 Ihr könnt aber auch einfach die Gedanken mit in die Woche nehmen und für euch persönlich beantworten oder aber auch weiterhin spannend und nicht so leicht zu beantworten finden 😉 Und falls da draußen noch andere Duftliebhaber sind: Ich freue mich, von euch zu hören!



Gottes Segen und bis zum nächsten Mal


Euer Daniel


1 Kommentar

1 Comment


Peter
Peter
Aug 21, 2023

Danke für diese Anregungen zum Weiterdenken. Da sprudelt gleich ein ganzes Universum an Analogien zwischen einzelnen Düften und den zum Teil sehr ausgeklügelten Kompositionen.

Die ersten Analogien, die mir einfielen:

- im 19. Jahrhundert mussten Parfüms sicher ganz andere "Umweltdüfte" (sowohl persönliche als auch gesellschaftliche) überdecken als heute. Daher würden wir bei Parfüms dieser Epoche wohl heute alle die Nase rümpfen. Ich will hier nicht einem "Zeitgeist" Bahn brechen, aber ist es nicht so, dass wir als Gemeinden auch heute mit ganz anderen Rahmenbedingungen leben und darauf reagieren müssen, als die "christadelphischen Urväter"?

- heutige natürliche Duftkomponenten riechen sicher bereits anders als vor einigen Jahrzehnten, da sich auch die Umweltbedingungen ihrer Standorte verändert haben.

- obwohl wir als Menschen recht…


Like
bottom of page