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AutorenbildPeter

Bist Du der Gott, der mich hört?



Der Titel meines Beitrages ist eine Abwandlung der Jahreslosung der evangelischen Kirchen: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“


Ich habe diesen Titel bewusst mit einem Fragezeichen versehen, da dies meine derzeitige Gefühlslage am besten beschreibt. In den letzten Beiträgen von Lea und Lisa war viel Erbauliches zu lesen von der Fokussierung und Ruhe durch Gebet und über den positiven Effekt, den es hat, seinen Tag mit Gott zu beginnen.


Doch manchmal hält das Leben offenbar auch anderes bereit. (Ich möchte mich schon hier zu Beginn entschuldigen, dass dieser Beitrag nicht in einem positiven tollen Erlebnis mit Gott enden wird).


Was, wenn irgendwie die Verbindung fehlt, Gebete scheinbar ins Leere laufen? Ich denke, ihr kennt diese Momente, wenn sich die Verbindung zu Gott so anfühlt, als hätte das Handy kein Netz oder man sitzt im Funkloch. Man ruft jemanden an, der auch ran geht – und plötzlich ist da nur Stille. Man weiß nicht recht: Ist die Verbindung noch da oder ganz abgebrochen? Dann wieder eine Stimme, doch abgehackt und ohne Zusammenhang, kein ganzer Satz, alles bleibt unverständlich. Liegt es vielleicht an mir? An meinem Standort, der einen guten Empfang verdeckt? Sollte ich vielleicht auflegen und es einfach später wieder versuchen? Manchmal ist auch ein Neustart des Handys nötig oder sogar ein Betriebssystem-Update. Je älter das Handy, desto wahrscheinlicher, dass zwischendurch auch einfach der Akku leer ist.


Mir würden noch viele Analogien einfallen, die so einfach und treffend die Fragezeichen in meinem Kopf beschreiben.


Um die Situation zu beschreiben, muss ich wohl etwas ausholen ohne zu sehr ins Detail zu gehen:


Alles begann damit, dass meine Mutter für eine komplizierte Operation ins Uniklinikum nach Hamburg musste. Geplant war ein Aufenthalt von 10 Tagen nach der OP, danach wieder nach Hause. Schon vor der OP war ihre Zuversicht allerdings nicht die gleiche, wie bei vorherigen ähnlichen Eingriffen. Aus den geplanten 10 Tagen sind dann inzwischen auch 8 Wochen geworden, von denen sieben durch ein stetiges Hoffen und Bangen, immer wieder ein kleiner Schritt vorwärts – und gleich wieder zurück, geprägt sind. In diesen Wochen fällt es mir zunehmend schwer, die komplette Hilflosigkeit meiner Mutter zu erleben. Ein Mensch, der sonst voller eigenständigem Lebensmut seinen Alltag meistert, nun nahezu bewegungsunfähig und zeitweise komplett desorientiert – pures Siechtum!


Selbstverständlich verbringe ich diese Wochen in ständigem Gebet und doch ist kein Fortschritt in Sicht. Nichts, was die Situation auch nur im Ansatz verbessert. Das bringt mich zu der Analogie des Handys. Woran liegt das? Kein Netz? Vielleicht eine falsche Einstellung? Warum keine Antwort, vielleicht unabsichtlich stumm geschaltet? Irgendetwas läuft schief. Zumindest verstehe ich das, was vor sich geht nicht. Für wen soll das alles denn bitte zum Guten sein? Wozu diese Wochen des Siechtums, die meine Mutter bei aller Desorientiertheit dennoch sehr bewusst auch selbst erlebt und durchleidet?


Zweifel machen sich breit. In diese vielen Fragezeichen mischt sich zunehmend auch ein Gefühl der Wut wegen dieser absoluten Hilflosigkeit und weil ich einfach nicht verstehe, warum Gott so/nicht handelt. Hab‘ ich vielleicht den falschen Provider? Den falschen Vertrag gemacht? Sollte ich vielleicht einfach komplett abschalten und das Handy auf den Müll werfen?


Ich hoffe, ihr verzeiht, wenn ich hier so offen meinem momentanen Frust Luft verschaffe. Eigentlich würde ich auf diesem Kanal lieber Positives, Erbauliches posten. Aber im Augenblick ist dafür einfach kein Platz in meinem Kopf und schließlich gehört auch dieser Frust zumindest zu meinem Glaubensleben dazu.


Was mich davon abhält, den Akku aus dem Handy zu nehmen und es einfach auf den Müll zu werfen, ist das Wissen darüber, dass ich mich mit diesen Gedanken gut einreihen kann in eine Gruppe von Menschen, die mir in der Bibel begegnen. Menschen, die ähnliches durchgemacht haben, eben nicht nur Helden. Jona, Elia, Hiob, Jeremia sind da nur einige Beispiele, die mir spontan einfallen.


Auch wenn es sich im Moment anfühlt wie „The Person you have called is temporarily not available, der gewählte Gesprächsteilnehmer ist zur Zeit nicht erreichbar …“ will ich doch versuchen, meinen Akku weiter gut geladen zu haben und online zu bleiben, denn am Ende wird es hoffentlich auch für meine Mutter eine verständliche Antwort geben, an der sich die Größe und Güte unseres himmlischen Vaters begreifen lässt.


Ich danke Euch fürs Zuhören!


Euer Peter

2 Kommentare

2 Comments


Jon Tauchert
Jon Tauchert
Mar 21, 2023

Das war bei mir genauso hab auch bin noch 1 Woche aus der psyatrie und bin auch schon 6 Wochen hier. Ich hab jeden Tag zu Gott Gebet das der Alptraum zu Ende ist ☺️😎🙏🏻

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Guest
Mar 20, 2023

Lieber Peter. Danke!

Allzu schnell verkommt das Christenleben in ein "du musst nur glauben - dann wird alles gut..". Und wenn nicht? Wie geht's dann weiter?

Da enden dann die meisten Gespräche recht schnell. Es tut gut, auch mal die andere Seite zu hören - und ja, Du bist da mit Deinen Empfindungen nicht allein.


LG Marco

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