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Freiheit in Christus und der Straßenverkehr ...


Was bedeutet Freiheit für uns?


Wir haben sicher alle spontane Assoziationen zum Begriff „Freiheit“. Die eine denkt vielleicht an eine Last, die abfällt, der andere an das ermutigende Gefühl, eigene Entscheidungen zu treffen. Wieder andere sehen in Freiheit vielleicht das Gegenteil von Grenzen und Einschränkungen, vielleicht sogar von Regeln. Aber was bedeutet Freiheit für mich als Christ? Und was hat das mit dem Straßenverkehr zu tun?

„Für die Freiheit hat Christus uns frei gemacht. Steht nun fest und lasst euch nicht wieder durch ein Joch der Sklaverei belasten!“ (Galater 5,13).

Die Bibel redet an vielen Stellen von Freiheit, von frei sein, von Freilassung oder von Freimütigkeit. Gleichzeitig lesen wir aber auch davon, dass schon die ersten Gemeinden ihre Freiheit ziemlich falsch verstanden und geradezu missbraucht haben.



Ein paar Bibelstellen zur Freiheit


Gucken wir uns kurz ein paar Bibelstellen an:

Im fünften Kapitel des Briefs an die Galater erläutert Paulus, dass Freiheit in Christus das Gegenteil zum Gesetz Moses ist (Galater 5,1-6). Kurz gesagt bedeutet das: Früher (im Alten Testament = im alten Bund) mussten gläubige Menschen Wort für Wort Gottes Gesetz und seine Gebote erfüllen, um vor Gott bestehen zu können. Nur dann sah Gott sie als „gerechte“ Menschen an – zumindest erschien es den meisten Menschen so. Zu erläutern, warum das eigentlich nicht stimmt, würde hier zu weit führen, aber ich werde es bei Gelegenheit gerne tun ;) Zurück zu Galater 5: Das Wort „Sklaverei“ oder „Knechtschaft“ in Vers 1 steht für genau diesen Druck, alle Gesetze genau befolgen zu müssen.


Durch Christus gibt es nun aber einen neuen Bund (= Neues Testament) und von diesem wird gesagt, dass er uns frei macht von der alten Last und dem Druck durch das Gesetz. Aber was bedeutet das genau? Wie zeigt sich das im Alltag? Und wie frei ist frei genau?

Ein Negativbeispiel: Im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth warnt Paulus vor sexueller Unmoral, indem er schreibt:

„Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles ist nützlich. Alles ist mir erlaubt, aber ich will mich von nichts beherrschen lassen.“ (1. Korinther 6,12).

Was für eine Aussage! „Alles ist mir erlaubt“ … das klingt erst mal nach grenzenloser Freiheit. Und doch gibt Paulus direkt im Anschluss Anweisungen, wie diese Freiheit nicht gebraucht werden soll.

Auch Petrus spricht von Freiheit, mahnt aber gleichzeitig, dass wir unsere Freiheit nicht als „Deckmantel der Bosheit“ nutzen, sondern vorbildlich leben und Gutes tun sollen (1. Petrus 2,11-16).


Noch einmal Paulus in seinem Brief an die Galater:

„Denn ihr seid zur Freiheit berufen worden, Brüder. Nur gebraucht nicht die Freiheit als Anlass für das Fleisch, sondern dient einander durch die Liebe!“ (Galater 5,13).

Wieder wird unsere Freiheit betont. Und wieder wird sie eingeschränkt. Dies sind nur drei Stellen von vielen zum Thema Freiheit, sie zeigen aber bereits ein Muster: Freiheit in Christus ist keine grenzenlose Freiheit.



Christliche Freiheit hat Grenzen … leider!?


Diese Feststellung hat mich lange beschäftigt. Einerseits sind wir frei, aber dann irgendwie doch nicht. Ist das nicht ein Widerspruch? Auf der einen Seite proklamiert Paulus „alles ist mir erlaubt!“, aber auf der anderen Seite tauchen zusammen mit dem vielversprechenden Wort Freiheit auch immer Regeln und Ermahnungen auf, die diese Freiheit einschränken – und damit gefühlt weniger frei machen. Freiheit klingt einfach, unbeschwert, leicht umzusetzen. Das „aber“, das darauffolgt, bringt hingegen Druck, Gebote und Einschränkungen … und auf einmal fühlt sich Freiheit dann doch wieder kompliziert an. Wie passt das zusammen?


Früher habe ich mich manchmal schlecht gefühlt, wenn ich in der Bibel gelesen habe und an manchen Stellen dachte „das passt doch nicht …“ oder „das fühlt sich irgendwie falsch an …“. Heute sehe ich das ganz anders! Ich glaube, dass solche Momente wertvoll sind, weil sie uns anspornen, weiter zu forschen und zu ergründen, ob die augenscheinlichen Widersprüche sich nicht vielleicht mit mehr Überblick und tieferem Verständnis ausmerzen lassen.



Freiheit und Straßenverkehr


Im Prozess des Nachgrübelns und Weiterforschens sind es manchmal ganz kleine Dinge, die einen auf die richtige Spur bringen. Und damit kommen wir jetzt endlich zum Straßenverkehr! Vor ein paar Wochen hat ein Freund aus der Gemeinde (sein Name ist Cornel) eine Predigt gehalten und dabei eine Anekdote erzählt, die mich seitdem nicht mehr losgelassen hat. Ich weiß ehrlich gesagt kaum noch wohin er die Zuhörer mit dieser Anekdote führen wollte, denn ich musste augenblicklich darüber nachdenken, was wir daraus über Freiheit lernen können! Hier ist die Geschichte:


Es ging darum, dass Cornel vor einiger Zeit ein Angebot von seiner Kfz-Versicherung erhalten hatte, das wie folgt lautete: „Wir bieten Ihnen an, ein Gadget in ihrem Auto zu installieren, welches ihr Fahrverhalten aufzeichnet. Aufenthaltsort, Geschwindigkeit, abrupte Lenkmanöver, … alle diese Dinge kann das Gerät messen. Wenn wir über diese Messungen herausfinden, dass Sie immer den jeweiligen Verkehrsregeln entsprechend gefahren sind, dann bekommen sie 30% Rabatt auf Ihre Versicherung.“


Warum hat mich dieses Angebot so ins Grübeln gebracht? Weil sich darin das ganze Problem der Freiheit in Christus widerspiegelt – und gleichzeitig auch seine Lösung!



Die Anekdote seziert


Wenn wir die Geschichte einmal auseinandernehmen, finden wir folgende Teile: Zum einen ist dort der Autofahrer. Das sind wir als Christen. Dann gibt es die Straßenverkehrsordnung mit all ihren Vorschriften zur erlaubten Höchstgeschwindigkeit, zur Vorfahrt, zum Verhalten in Gefahrensituationen, und so weiter. Sie steht in diesem Bild für das Gesetz. Hier ist für möglichst jede erdenkliche Situation geregelt, welches Verhalten jeweils angemessen und damit erlaubt ist. Und dann ist da dieses Gadget der Versicherung, welches mich belohnt, wenn ich alle Vorschriften einhalte. Das ist der (sehr verkürzt wiedergegebene) alttestamentarische Weg der Errettung, der da sagt: Wenn du alle Regeln genau einhältst, dann hast du dir Gottes Anerkennung verdient und wirst belohnt.


Und wo kommt nun Freiheit ins Spiel? Erinnert ihr euch an den Ausdruck „Sklaverei“ oder „Knechtschaft“, der zu Beginn im Zitat aus Galater 5 vorkam? Er wurde als Bild für das Leben unter dem Gesetz (also dem alten Bund) verwendet. Paulus greift dieses Bild an anderer Stelle auf und erklärt damit den neuen Bund mit Gott durch Jesus:

„Der Geist, den ihr empfangen habt, macht euch ja nicht wieder zu Sklaven, sodass ihr wie früher in Furcht leben müsstet. Nein, ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Kindern Gottes macht, den Geist, in dem wir ‚Abba! Vater!‘ zu Gott sagen.“ (Römer 8,15, Neue Evangelistische Übersetzung).

Hierin steckt für mich der Schlüssel zum Verständnis von Freiheit: Gottes Wunsch ist nicht, dass er uns wie Vater Staat einen Haufen Regeln vorschreibt, die wir dann befolgen sollen. Er wünscht sich vielmehr eine liebevolle Beziehung mit uns, in der diese Regeln gar nicht notwendig sind. Eine Zeit lang in der Geschichte der Menschheit waren solche Regeln gut, damit die Menschen verstanden, was richtig und was falsch ist. Dabei ging es aber nie darum, uns einzuschränken oder uns Verbote aufzuerlegen. Vielmehr ging es darum zu zeigen, was für uns und für andere gut ist. Ich habe mich als Kind des Öfteren darüber geärgert, dass meine Eltern so „gemein“ waren mir ständig (zumindest gefühlt!) Dinge zu verbieten. Heute blicke ich darauf zurück und denke sehr oft „Wie gut, dass sie mich von der ein oder anderen Dummheit abgehalten haben!“.



Mit Gott ohne Schilderwald


Genauso ist es in unserer Beziehung zu Gott. Wir waren mal kleine Kinder, denen unser himmlischer Vater durch klare Grenzen gezeigt hat, wie wir ein Leben zu unserem Besten und zum Besten unserer Mitmenschen führen können. Aber jetzt sind wir erwachsen im Glauben! Jetzt wünscht sich Gott eine ganz andere Beziehung, in der er nicht mehr diese ermüdenden Gesetze aufstellen muss, sondern in der wir verstanden haben und im Herzen tragen was gut und was schlecht ist. Und das ist ganz einfach, wie Paulus sagt:

„Denn das ganze Gesetz ist in einem Wort erfüllt, in dem: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.‘" (Galater 5,14; siehe auch Matthäus 22,36-40).

Und was bedeutet das nun für das Bild des Straßenverkehrs? Ganz einfach: All die Schilder und Regelungen sind auf keinen Fall verkehrt, denn sie zeigen uns deutlich die Grenzen dessen, was für uns und für andere gut ist. Aber eigentlich sollten sie gar nicht notwendig sein. Denn eigentlich wissen wir doch in unserem Inneren was gut und angemessen ist. In einer Spielstraße mit spielenden Kindern sollte ich nicht Schrittgeschwindigkeit fahren, weil das Schild es sagt. Ich sollte Schrittgeschwindigkeit fahren, weil es vernünftig ist. Das Schild ist das Gesetz im alten Testament. Das Wissen darum, wie das richtige Verhalten aussieht, ist das in mein Herz geschriebene Gesetz der Liebe. Dieses neue Gesetz ist das Fundament für die Art von Beziehung, die sich Gott eigentlich wünscht. So möchte er mit uns leben: Auf Basis von Vernunft und Liebe – nicht in einem Schilderwald aus Regeln und Verboten.


Ein Tempo 30 Schild in der Stadt ist in der Regel mit Bedacht aufgestellt. Trotzdem wird es immer Situationen geben, wo es angemessen ist, noch nicht einmal 30 zu fahren. Ebenso haben wir wahrscheinlich alle schon einmal um 1 Uhr nachts auf dem Dorf an einer roten Ampel gestanden … weit und breit kein Auto zu sehen oder zu hören … muss ich als guter Deutscher nun stehen bleiben oder höre ich auf meine Vernunft, die mir unmissverständlich sagt, dass hier keine Gefahr für mich oder andere entsteht, wenn ich einfach rüber gehe. Damit ich nicht falsch verstanden werde: Erlaubt ist es nicht! Weil der Staat am Ende leider damit rechnen muss, dass sich nicht jeder von sich aus vernünftig und angemessen verhält. Und doch geht es, wie man dort feststellt, wo einfach einmal der Versuch unternommen wurde, an die gegenseitige Rücksichtnahme zu appellieren (sucht mal im Web nach Bohmte im Landkreis Osnabrück und dem EU-Projekt „Shared Space“). Es ist möglich den Straßenverkehr komplett frei zu gestalten. Aber es erfordert Achtsamkeit und Nächstenliebe – und eine Instanz mit Autorität, die uns offiziell erlaubt es trotz Risiko zu wagen.


Hier schließt sich der Kreis zu den Bibelstellen vom Anfang: Wir sind frei, da wir eine Beziehung zu Gott haben dürfen, in der wir keine Angst mehr haben müssen, nicht jedes einzelne Gesetz bis ins kleinste Detail zu verfolgen. Der Druck ist fort. Die Last ist von unseren Schultern genommen. Wir sind frei! Aber diese Freiheit hat auch Grenzen: Nämlich dort, wo ich mit meinem Handeln mir und vor allem anderen schade.



Mit Schild oder ohne


Was hat also meine Freiheit mit dem Straßenverkehr zu tun? Freiheit bedeutet für mich bildlich, dass ich kein Fahranfänger mehr bin, der sich mit schwitzigen Händen ans Lenkrad klammert und dessen Augen von Verkehrsschild zu Verkehrsschild jagen, alle Hinweise einsaugend, die ihm irgendwie helfen, sicher und straffrei durch die große Stadt zu navigieren. Gott traut mir zu, dass ich vernünftig sein kann, wenn ich will, und so auch ohne ein einziges Schild theoretisch sicher von A nach B kommen kann. Er tut das, weil er diese Art von Miteinander viel mehr anstrebt als das Aufstellen von Geboten. Für dieses Vertrauen müssen wir aber beide etwas beisteuern: Ich steuere bei, dass ich nicht aufhöre zu forschen, was in Gottes Augen (und damit objektiv) richtig und falsch ist, damit ich daran wachse und ein noch besserer Verkehrsteilnehmer werde; Er steuert bei, dass er mir dort vergibt, wo es doch mal kracht – wenn ich ihn um Verzeihung bitte.


Kurz gesagt: Freiheit heißt für mich als Christ, dass Gott mir viel Spielraum lässt und wenn etwas nicht geklappt hat und ich geknickt zu ihm komme, mein Bemühen mehr anrechnet als des Ergebnis. Wow! Freiheit heißt aber auch, dass ich eine Verantwortung habe dort, wo man Schrittgeschwindigkeit fahren sollte, auch Schrittgeschwindigkeit zu fahren – mit Schild oder ohne.



Gottes Segen und bis demnächst!

Euer Daniel


1 Kommentar

1 Comment


peter
Apr 26, 2020

Beim Lesen dieses Beitrages kam mir sofort die aktuelle Diskussion über das Tragen von Mund/Nasenschutzmasken in den Sinn. Gerade in den letzten Tagen gab es in unserer Firma immer wieder Diskussionen auf allen Ebenen über den Sinn oder Unsinn dieser Maßnahme und erst recht über die Frage, ob eine Empfehlung reicht oder nur die Verpflichtung weiterhilft.

Um es vorweg zu nehmen: ich bin klar für das Tragen eines Mund/Nasenschutzes, weil ich dadurch andere schützen kann (und es mir selbst nicht schadet).

Ist das nicht ganz so, wie Paulus an die Philipper schreibt:

"... in Demut einer den anderen höher achtend als sich selbst; ein jeder nicht auf das Seine sehend, sondern ein jeder auch auf das des anderen."

Ich selbst,…


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